Die Zahlen lassen einen erschaudern. Mehr als eine halbe Million Menschen sind in Österreich nun arbeitslos gemeldet, nachdem im März weite Teile der Wirtschaft heruntergefahren worden sind. Das ist ein Rekordwert in der Zweiten Republik. Und noch ist kein Ende abzusehen, weil tausende kürzliche Kündigungen erst in den April-Zahlen aufscheinen werden. Umso wichtiger ist, diese Entwicklung realistisch, also ohne Panikmache und ohne Schönfärberei zu beurteilen.

Wer das Glück hat, in Kurzarbeit gehen zu können, bekommt 80 bis 90 Prozent seines letzten Nettogehalts.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Zunächst zu den guten Nachrichten: Angesichts der vielen Schreckensmeldungen wird zu leicht übersehen, dass große Teile der heimischen Wirtschaft weiterlaufen. Der gesamte öffentliche Sektor funktioniert weiter, angefangen bei der Energie- und Abfallwirtschaft bis hin zu zehntausenden sonstigen öffentlichen Bediensteten, die weiter ihre Gehälter beziehen. Auch in der Industrie wird großenteils weiter produziert, und im Handel ist nicht alles zu. All dies wirkt stabilisierend.

Hinzu kommt, dass es erste klare Hinweise dafür gibt, dass viele Arbeitgeber auch außerhalb der Industrie, wo das schon erprobt ist, Beschäftigte nicht kündigen, sondern in Kurzarbeit schicken. Das dämpft die Arbeitslosigkeit, erlaubt Betrieben, später schneller wieder hochzufahren.

AMS-Chef Johannes Kopf weist zudem zu Recht darauf hin, dass ein großer Teil der Menschen, die jetzt ihre Jobs verlieren, wieder gebraucht werden. Die Aussichten sind gut, dass jene Installateure, Bäcker und Grafiker, die nun ohne Arbeit dastehen, nach dem Ende des Shutdowns wieder rasch etwas finden. Der Bedarf an diesen Dienstleistungen bleibt ja erhalten.

Podcast: Warum es vorerst noch schlimmer wird.

Wirtschaftsschock

Nun zum deprimierenden Teil: Die aktuellen Prognosen der Wirtschaftsforscher bauen darauf auf, dass ab Mai Österreich wieder aufgesperrt und die Erholung dann einsetzt. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass auch mit Einbrüchen in der Exportindustrie zu rechnen ist. Ein großer Teil unseres Wohlstandes beruht darauf, dass wir Maschinen und Motoren in die ganze Welt exportieren. Allein ein Blick in die USA zeigt, dass diese Krise nicht ausgestanden sein wird, wenn Österreich wieder aufmacht. Hinzu kommt, dass viele Betriebe, allein schon im Tourismus, die nun geschlossen sind, in den Folgemonaten nicht investieren werden können. Dies kostet weitere Aufträge. Ein zweiter Wirtschaftsschock kommt also auf uns zu.

Was lässt sich aus dieser Gemengelage ableiten? Zunächst, dass Österreich den jetzigen Zustand eine Zeitlang, aber nicht endlos durchhalten kann. Wir werden langfristig finanzielle Ressourcen brauchen, um Probleme am Jobmarkt abzufangen. Konjunkturprogramme werden die Wirtschaft weiter stützen müssen, auch wenn der Shutdown längst vorbei ist.

Und über weitere Nachbesserungen muss jetzt nachgedacht werden. Die Hauptlast der Krise tragen Menschen, die ihren Job verlieren, und jene Selbstständigen und Kleinunternehmer, denen alle Einnahmen wegbrechen. Beim Härtefallfonds wird darauf geachtet werden müssen, dass Verluste der Selbstständigen effektiv abgefedert werden. Bei den Arbeitslosen erscheint eine vorübergehende Erhöhung des Arbeitslosengeldes geboten. Wer das Glück hat, in Kurzarbeit gehen zu können, bekommt 80 bis 90 Prozent seines letzten Nettogehaltes. Wer Pech hat und arbeitslos wird, 55 bis 60 Prozent. Für diesen Unterschied gibt es aktuell keinerlei gute Begründung. (András Szigetvari, 1.4.2020)