"The English Game" auf Netflix: Am Ende begreift man die Faszination Fußball je denfalls noch ein bisschen besser.

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Krisenzeiten, so hört man oft, brächten zugleich das Beste und das Schlechteste in den Menschen zu Vorschein und Blüte. Zum Besten gehört jedenfalls, dass wir alle sportlicher geworden sind – zumindest vor den TV-Geräten. Bei uns daheim ist das jedenfalls so. Glücklicherweise schauen wir keine Abfahrtsrennen oder Fußballspiele, die gibt es ja gerade nicht mehr.

Nein, wir trainieren uns an richtig guten Sportfilmen – wie auch die neue STANDARD-Serie der Sportredaktion, "Sport in der Kiste" – beweist. "The English Game" ist so ein guter, besser noch, es ist sogar eine Serie. Erzählt wird die Entstehungsgeschichte des Spiels aller Spiele im 19. Jahrhundert, als der Fußball von England aus seinen Siegeszug um den Erdball startete.

Das wäre wohl nie passiert, wäre Fußball ein Gentlemen’s Game geblieben, bei dem die blasierte britische Oberschicht unter sich blieb. Die Industrialisierung brachte jedoch auch Arbeiterteams aufs Spielfeld, organisiert und mehr schlecht als recht finanziert von aufstiegshungrigen Fabriksbesitzern. Die Geschichte dieser Rivalität ist höchst spannungsgeladen, die Serie erfasst die Protagonisten in ihrer Vielschichtigkeit.

Das Elend der arbeitenden Klasse, vor allem aber auch das Elend der Frauen, über Klassen hinweg, wird beleuchtet. Man spürt die Genugtuung der Unterprivilegierten, wenn sie gewinnen – und die zähneknirschende Anerkennung der Besitzenden, die akzeptieren müssen, dass auch arme Leute gut spielen können. Am Ende begreift man die Faszination Fußball je denfalls noch ein bisschen besser. (Petra Stuiber, 2.4.2020)