Tirol isch lei … 470 Kilometer von Wien entfernt. Am 1. Februar bin ich nach Wien zu meinem Freund gezogen. In Tirol ließ ich nicht nur viele Freunde, sondern auch meine Familie zurück. Eigentlich ein großer Schritt, doch bis vor kurzem kam es mir kaum so vor. Vier Stunden mit dem Railjet, das ist ja keine Distanz. Aber seit dem 19. März stehen alle Tiroler Gemeinden unter Quarantäne, eine Fahrt nach Innsbruck: undenkbar. Und während bei meinem Umzug meine Eltern diejenigen waren, die um ihre Tochter bangten, mache jetzt ich mir Sorgen um sie.

Eine Fahrt zu ihrer Familie nach Tirol ist für Standard-Praktikantin Antonia Rauth derzeit undenkbar.
Foto: Rauth

Meine Familie lebt in der Nähe des Bezirks Landeck, der österreichweit am stärksten vom Coronavirus betroffen ist. Mein Onkel ist Amtsarzt und arbeitet derzeit oft 14 Stunden am Stück. Meine Cousine ist wieder bei ihren Eltern eingezogen, da sie die Situation in Innsbruck zu bedrückend fand. Meine 86-jährige Oma hat seit Wochen nur noch über den Balkon Kontakt zu anderen Menschen. Dennoch beklagt sich niemand, alle klingen zuversichtlich. Nur, wie schlecht Tirol gerade dargestellt wird, stört alle. Und das, obwohl patriotische Tendenzen in meiner Familie quasi nicht vorhanden sind. Ihnen geht es darum, dass sie nicht für ein paar Liftbetreiber und Après-Ski-Partys verantwortlich gemacht werden wollen. Dass Europa nicht mit dem Finger auf sie zeigt, als hätte ihr Land als einziges ahnen müssen, wie schnell sich die Lage verschärfen würde. Zu gerne hätte ich beim Osterfrühstück mit ihnen über all das diskutiert. Ohne zwei Meter Abstand oder mehr. Weihnachten wird heuer dafür wohl besonders schön. (Antonia Rauth, 02.04.2020)