Lieferanten von Essen stehen derzeit hoch im Kurs.

Plötzlich ist die Welt anders. Ein Virus geistert herum, es gibt Ausgangsbeschränkungen, fast alle Geschäfte sind geschlossen, Lieferketten unterbrochen. Wohin führt das alles? Wie lange dauert die Corona-Pandemie? Fragen, die sich im Moment nicht beantworten lassen. Damit bleibt die Unsicherheit – die sich auch an den Börsen deutlich zeigt. Im ersten Quartal waren Rekorde nach unten und nach oben dabei.

Am 16. März etwa brach der US-Leitindex Dow Jones in New York so stark ein wie seit dem Schwarzen Montag am 19. Oktober 1987 nicht mehr – dem stärksten Kurseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Zehn Tage später verbuchte der Dow Jones den stärksten Dreitagesgewinn seit 1931.

Erholungsrallys

Auch wenn auf die massiven Kursrutsche in den vergangenen Tagen immer wieder auch enorme Erholungsrallys folgten – am Ende steht ein dickes Minus. Der Dow Jones hat von Jänner bis Ende März 23,2 Prozent verloren. Das ist der größte prozentuelle Rückgang in einem Quartal seit 1987 und das größte Minus im ersten Quartal seit mindestens 1900.

Der breiter gefasste US-Index S&P 500 erlitt mit minus 20 Prozent den größten Rückgang im ersten Vierteljahr in seiner Geschichte. 5600 Milliarden US-Dollar an Börsenkapitalisierung wurden damit vorerst vernichtet.

Der Weltindex MCSI Wold hat im ersten Quartal (auf Euro-Basis) knapp 20 Prozent verloren. Der Euro Stoxx 50 hat 25,6 Prozent abgegeben. In Wien steht beim Leitindex ATX ein Minus von 37 Prozent in der Quartalsbilanz. Auf Dreimonatssicht gab es keinen Gewinner. Der beste Wert war mit minus vier Prozent die Aktie der Post. Die OMV bildet mit einem Verlust von 66 Prozent das Schlusslicht. Hier spielt freilich auch der massiv gesunkene Ölpreis mit. Im weiter gefassten Prime-Segment war Do & Co mit minus 58 Prozent der schlechteste Wert, Semperit (Hersteller von medizinischen Handschuhen) mit plus fünf Prozent Best-Performer.

Homeoffice-Lösungen gefragt

"Im ATX zeigt sich einmal mehr, dass mit IT oder Einzelhandel wesentliche Sektoren fehlen, die jetzt einen Ausgleich hätten schaffen können", sagt RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek.

Denn wo Verlierer, da auch Gewinner. "Die weltweit simultane Veränderung der Lebensgewohnheiten spiegelt sich auch an der Börse wider", erklärt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin Private Banking der Unicredit Bank Austria. "Büro, Essen und Unterhaltung wurde in die eigenen vier Wände verlagert", so Rosen. Das größte Kursplus an der Wall Street fuhr im ersten Quartal Critix (plus 27,6 Prozent) ein. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Homeoffice-Lösungen. Microsoft konnte seine Verluste wettmachen und notiert ausgeglichen: Cloud-Services, Teams und Skype haben Auftrieb gegeben. Profitiert hat auch Netflix (plus 16 Prozent). Der Streamingdienst hat viele Fans. Man geht davon aus, dass Kunden ihre Abos trotzt Einkommensverlusten jetzt nicht kündigen. Amazon (plus sechs Prozent) profitiert nicht nur als Onlinehändler, sonder auch wegen seiner Cloud-Division. In dem Bereich sind auch die Margen höher als beim Retail.

Zurück an den Herd

"Im Euro Stoxx 600 feiert der deutsche Kochbox-Lieferant mit plus 64 Prozent einen Höhenflug", sagt Brezinschek. Am anderen Ende steht die britische Capita Group (Spezialist für Outsourcing) mit minus 80 Prozent.

Das Augenmerk liegt in Summe auf dem Biotech- und Pharmasektor aufgrund der Hoffnung auf einen Impfstoff gegen Corona und damit auf ein Ende der Unsicherheit. (Bettina Pfluger, 2.4.2020)