Elga-Daten und Forschungsdaten könnten im Kampf gegen Covid-19 ein essenzieller Baustein sein, lautet die Argumentation für den Schritt.

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Österreichs Krankenkassen stellen dem Gesundheitsministerium pseudonymisierte Daten ihrer Versicherten für die Covid-19-Forschung zur Verfügung. Das hat die Konferenz der Sozialversicherungsträger am Mittwoch einstimmig beschlossen, gab Peter Lehner, Chef des Kassendachverbands, am Donnerstag bekannt.

Diese Daten, die dann Forschungseinrichtungen weitergegeben werden sollen, könnten Leben retten, betonte er: "Das anonymisierte Zusammenführen der Daten der Heilmittelabrechnung der Sozialversicherung, der Elga-Daten und der Forschungsdaten kann im Kampf gegen Covid-19 ein essenzieller Baustein sein."

"Datenschutzrechtlich geschützt"

Gleichzeitig werde man sicherstellen, dass die Versicherten "datenschutzrechtlich perfekt geschützt" seien. "Rückschlüsse auf die Patienten sind unmöglich, da die Pseudonymisierung bei der Sozialversicherung selbst passiert", erläutert Lehner.

Unterstützung kam von Lehners Co-Vorsitzender Ingrid Reischl: "Unterschiedliche Stakeholder haben unterschiedliche Daten über den Gesundheitszustand in der Bevölkerung – diese zusammenzubringen ist historisch einmalig. Wir erwarten uns, dass es dazu beiträgt, rasch neue Erkenntnisse für die Behandlung dieser neuen Viruserkrankung zu gewinnen."

Erkenntnisse über Wirkung

Mit den Heilmitteldaten der Sozialversicherung könnten umfassende Erkenntnisse über die Wirkung von Medikamenten gewonnen werden, meinte Reischl, beispielsweise darüber, welche einen positiven und welche einen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben. "Als Sozialversicherung haben wir uns dazu entschlossen, die Forschung zu unterstützen – unter Wahrung des Datenschutzes", sagte sie.

Schrems: Pseudonymisiert ist nicht anonymisiert

Verdutzt zeigt sich der Datenschützer Max Schrems auf STANDARD-Anfrage. "Wie das technisch umgesetzt wird, ist mir unklar", sagt er. "Klar ist aber, dass pseudonymisierte Daten nicht anonymisiert sind." Ein Rückschluss auf Einzelpersonen sei somit sehr wohl möglich.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ermögliche zwar eine Verarbeitung pseudonymisierter Daten für Forschungszwecke im engen Rahmen, ob dieser eingehalten werde, ließe sich in der Ferndiagnose aber nicht prüfen. Wenn das nach dem österreichischen Forschungsorganisationsgesetzt passiere, bestünden jedenfalls massive Zweifel, ob das der DSGVO entspricht. "Diese österreichische Umsetzung scheint in vielen Punkten zu weit zu gehen, weil sie die Rechte von Betroffenen pauschal ausschließt."

Es gebe sehr wohl Möglichkeiten, Datenbanken so zu gestalten, "dass bei Abfragen mathematische Garantien bestehen, dass die Antworten keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen, und gleichzeitig die zugrundeliegenden Forschungsfragen in vielen Fällen dennoch bearbeitet werden können", sagt Iwona Laub von der Grundrechts-NGO Epicenter Works. Eine solche Infrastruktur sei aber nicht geschaffen worden, stattdessen werden pseudonymisierte Daten weitergegeben – "bei denen in Verbindung mit Information aus Drittquellen Rückschlüsse auf einzelne Personen nicht ausgeschlossen sind."

Zuvor hatte es bereits Forderungen nach einer Freigabe gegeben, etwa durch den niederösterreichischen Patientenanwalt Gerald Bachinger. Im Gespräch mit Ö1 erklärte er, dass Österreich mit seinen Datenbanken eine "einzigartige Datenlage" in Europa habe, die bei der Erforschung und Wirkweise von Medikamenten bei Covid-19 helfen könnte. (APA, muz, 2.4.2020)