Im Kampf gegen das Virus rücken Smartphones immer mehr in den Fokus.

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Weltweit wird vermehrt diskutiert, ob Apps oder andere Überwachungsmaßnahmen eingesetzt werden sollen, um das Coronavirus einzudämmen. Täglich tauchen neue Vorschläge auf, viele Länder arbeiten an eigenen Apps. Europaweit kommt nun eine gemeinsame Initiative zum Vorschein, an der auch das deutsche Robert-Koch-Institut mitwirkt: Ein Framework für zukünftige Apps, die Nutzer freiwillig herunterladen können.

Diese ermittelt auf Basis von Bluetooth, ob Nutzer in Kontakt mit infizierten Personen gekommen sind. Durch die Gestaltung der Technologie, die den Namen Pepp-PT trägt ("Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing"), und die Tatsache, dass so keine Bewegungsprofile oder weitere persönliche Daten der Nutzer gesammelt werden, könnte diese Lösung datenschutzkonform die Privatsphäre der Nutzer berücksichtigen, lautet das Versprechen.

Das Konzept ähnelt somit jenem der App "Stopp Corona" des Roten Kreuzes, jedoch stehe Privatsphäre im Fokus. Das Framework soll weiter zur Gestaltung von Apps genutzt werden.

Freiwilligkeit im Fokus

Die Idee stellten am Mittwoch 130 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Wissenschafter aus acht europäischen Ländern vor. Die Idee, wie das umgesetzt werden soll, lautet so: Jeder Nutzer erhält einen einzigartigen Code, der zeitweise für das jeweilige Smartphone generiert wird. Damit kann man identifiziert werden, er ändert sich aber durchgängig und ist nicht an die Handynummer geknüpft.

Nähert man sich einer zweiten Person, wird eine Verbindung via Bluetooth hergestellt. Ist jemand infiziert, können Gesundheitsbehörden ihr freiwillig die Möglichkeit einräumen, diese Information anhand einer TAN weiterzureichen. In einer gesammelten Datenbank befinden sich nämlich die Codes. Dann werden alle Smartphones, die mit diesem in Kontakt gekommen sind und auf deren Gerät daher die Info gespeichert ist, benachrichtigt.

Die Initiative hat noch keine App entwickelt, sondern vorerst nur den Standard vorgestellt – wer das Programm nutzen möchte, könne dann zu der Basis greifen. Standort oder Handynummer bleiben anonym. Die einzige Schwachstelle könnte somit Bluetooth sein: Hier wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Sicherheitslücken entdeckt.

Mehrere Ansätze

Nebst Pepp-PT werden international zahlreiche Ansätze parallel verfolgt. Viele davon sind weniger gut mit Daten- und Privatsphäreschutz vereinbar. Insbesondere in einigen asiatischen Ländern werden auch Überwachungsmethoden eingesetzt, die mit tiefen Einschnitten in die Privatsphäre der Menschen einhergehen, um der Pandemie entgegenzuwirken. Beispielsweise setzt China auf Totalüberwachung via Smartphone-App, zusätzlich kommt der dortigen Regierung das große Netz an Überwachungskameras mit Gesichtserkennung zugute.

Auch in Europa häufen sich die Bedenken, inwiefern man im Kampf gegen Covid-19 Einschnitte bei Datenschutz und Privatsphäre in Kauf nehmen kann und muss. Dabei ist wichtig zu hinterfragen, welche Daten überhaupt zu welchem Zweck sinnvoll zu verwenden sind. Beim Kontaktverfolgen kann eine auf Bluetooth basierende Lösung beispielsweise gleichzeitig datensparsamer und sinnvoller sein als andere Lösungen, da nur die Information relevant ist, wer mit infizierten Personen Kontakt hatte. Bewegungsprofile durch GPS-Daten wären weder nötig noch genau genug, um das nachzuvollziehen.

Effektivität verlangt Vertrauen

Angst vor mehr Überwachung und Befürchtungen, dass Einschnitte in Privatsphäre auch nach Ende der Krise erhalten bleiben, steigen. Da die Effektivität App-basierter Lösungen von der Zahl der Nutzer abhängt, müssen diese Bedenken ausgeräumt werden, wenn genug Nutzer eine solche App installieren sollen. Aus diesem Grund sollte auch darauf geachtet werden, dass es nicht mehrere Lösungen gibt, die untereinander um Nutzer konkurrieren und die Gesamteffektivität der Maßnahme beeinträchtigen.

Weitere Kritik an solchen Apps geht über Datenschutzbedenken hinaus. So kann der Einsatz zu einem falschen Gefühl von Sicherheit führen. Wenn eine solche App keine Warnung ausgibt, bedeutet das nicht automatisch, dass die betroffene Person nicht infiziert ist. Dieses Gefühl kann aber leicht eintreten. (Muzayen Al-Youssef, red, 2.4.2020)