Hautsinn hat in Wien in eine neue Manufaktur für Biokosmetik investiert. Seit Corona läuft alles auf Sparflamme.

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"Ich bin Krankenschwester und habe mich parallel zu meinem Job vor drei Jahren selbstständig gemacht. Ich stelle in Wien unter der Marke Hautsinn plastikfrei Seifen, feste Shampoos und Naturkosmetik her. Mein kleiner Betrieb ist so gut gewachsen, dass ich mittlerweile elf Mitarbeiter beschäftigen kann, es sind vor allem alleinerziehende Mütter und Studenten. Heuer habe ich alle Ersparnisse der vergangenen Jahre in eine größere Manufaktur und die Biozertifizierung investiert. Mein ganzes Herzblut steckt darin. Aber seit Corona läuft alles auf Sparflamme.

Mir brechen die Umsätze weg, da kleine Fachhändler, die ich primär beliefere, zusperren mussten. Ich versuche meinen Onlineshop anzukurbeln, habe die Versandkostengrenze halbiert. Aber wer gibt zehn Euro für handgemachte, biologische Seife aus, wenn der Job weg ist und kein Geld mehr in der Tasche? Zum Glück haben wir viele Stammkunden, aber ich verstehe, dass viele jetzt lieber beim Diskonter einkaufen. Es gibt Solidaritätswellen, die regionalen Konsum anregen. Letztlich wird aber wohl Amazon von der Krise profitieren.

Sorge um Gesundheit

Ich selber bin im Krankenhaus stärker denn je gefordert. Die Dienstpläne wurden außer Kraft gesetzt, ich arbeite viel nachts, wir bilden Teams, die sich untereinander nicht mischen dürfen. Und ich habe Sorge, dass ich durch die Arbeit auf der Intensivstation meine kleine Tochter, meine Familie oder meine Mitarbeiter gesundheitlich gefährde. Wir haben nun alle Arbeitsabläufe in der Produktion zeitlich wie räumlich getrennt und tragen Masken. Ich hoffe, dass es mein kleiner Betrieb mit fairer, regionaler Handarbeit und hoher Qualität durch die Krise schafft.

Roya Hematyar: "Was vielen Selbstständigen jetzt helfen würde: Nicht mehr doppelt Krankenversicherung zahlen. Denn krank werden kann ich nur einmal."
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Mit meinen Mitarbeitern bespreche ich jeden Schritt, versuche auf ihre Bedürfnisse einzugehen, wir vertrauen uns. Auch sie haben Kinder, auch sie müssen ihre Miete zahlen. Ich fühle mich für sie verantwortlich. Ich will sie alle halten, kann aber nicht mehr die vollen Gehälter zahlen. Ich stelle allen frei, selbst zu entscheiden, wann und wie sie arbeiten wollen. Einige sind in Kurzarbeit, Studenten pausieren, weil sie heim zu ihrer Familie aufs Land wollten.

Kredite helfen nicht

Tausende Selbstständige haben derzeit überhaupt kein Einkommen, ich kann zumindest meine Wohnung dank meiner Arbeit als Krankenschwester bezahlen. Aber mein Betrieb hat durch die Miete und vor allem die Löhne hohe monatliche Fixkosten. Ich bettle nicht gern um etwas. Ich fürchte, ich muss diesmal über meinen Schatten springen. Finanziell falle ich durch alle staatlichen Netze, da ich nebenbei unselbstständig angestellt bin. Es fühlt sich an, als habe ich nun das Nachsehen, weil ich in dieser ohnehin schwierigen Situation nebenbei noch im Spital arbeite.

Kredite bringen mir nichts, diese gehören ja auch zurückgezahlt. Was vielen Selbstständigen wie mir aber wirklich helfen könnte: künftig nicht mehr doppelt Krankenversicherung zahlen zu müssen. Denn krank werden kann ich nur einmal." (Verena Kainrath, 3.4.2020)