So krabbelte Lutetiana einst durch die Wälder des Eozäns.
Illustration: Elke Gröning

2020 wird die Bilanz voraussichtlich etwas anders aussehen, aber 2019 war noch ein gutes Jahr, was Grabungen in der Grube Messel anbelangt. Wie das Hessische Landesmuseum Darmstadt berichtet, wurden auch bei der jüngsten Grabungskampagne wieder zahlreiche neue Fossilien freigelegt – darunter auch von Spezies, die man bislang noch nicht kannte.

Hintergrund

Die Grube Messel in Hessen ist eine der bekanntesten paläontologischen Fundstätten der Welt. Vor etwa 47 Millionen Jahren, im Eozän, lag dort ein sehr tiefer See, an dessen Grund sich Faulschlamm bildete. Tiere, die im See gestorben waren, sanken zu Boden und wurden in diesem Schlamm konserviert, der sich schließlich zu Ölschiefer verfestigte.

Etwa 1,5 Millionen Jahre lang wurden auf diese Weise Tiere und Pflanzen konserviert. Die Grube Messel ist damit ein Fenster in eine Zeit, als Europa noch aus mehreren kleineren Landmassen bestand, auf denen tropische Bedingungen herrschten. Zu den bekanntesten Funden aus der Grube zählen die Urpferdchen und der Urtapir Hyrachyus minimus.

Neue Funde

Bei der 2019er Grabungskampagne wurden neben zahlreichen Fischen auch andere Wirbeltiere gefunden, darunter ein etwa einen Meter langes Krokodil. Den Löwenanteil der Funde stellten aber einmal mehr Pflanzenreste und Gliederfüßer – ganz, wie es die Wahrscheinlichkeit erwarten ließ: Immerhin stellen Gliederfüßer heute rund 80 Prozent aller bekannten Tierarten. Das dürfte im tropischen Europa des Eozäns kaum anders gewesen sein.

Das Prunkstück unter den Gliederfüßern war in diesem Jahrgang eine zwei Zentimeter große Spinne mit behaarten Beinen, die einer bislang unbekannten Art angehört. Getauft wurde sie auf den Namen Lutetiana neli: Das Lutetium ist jener Abschnitt des Eozäns, in dem sich die Messel-Fossilien bildeten. Diese Bezeichnung rührt wiederum von Lutetia her, dem antiken Namen von Paris.

Für Arachnologen war der Erhaltungszustand des Fossils ein unverhoffter Glücksfall.
Foto: Wolfgang Fuhrmannek, HLMD

Zwar nur von der Bauchseite erhalten, ist diese Spinne ausnahmsweise nicht zusammengerollt, sondern mit schön abgespreizten Beinen konserviert worden. Das erleichterte den Forschern die Zuordnung: Vermutlich gehörte Lutetiana zu den Gebirgstrichterspinnen (Cybaeidae), die überwiegend eine versteckte Lebensweise führen und kleine Fangnetze bauen. Diese Spinnen bevorzugen feuchte, beschattete Lebensräume – ganz so, wie sie im damaligen Ökosystem von Messel gegeben waren. (red, 3. 4. 2020)