Die Heimhelferin, der Lokführer, der Pflegeschüler, die Supermarktmitarbeiterin, der Elektroenergietechniker, die Angestellte: Sie alle wurden im "Corona-Extra" von "AK für Sie", der Mitgliederzeitung der Arbeiterkammer Wien, zu Recht als "HeldInnen der Arbeit" gefeiert. Sie alle geben, wie viele andere, in der Krise ihr Bestes.

Trotzdem unterscheidet alle sechs Personen viel: Die drei Männer werden nach der Krise schneller in ihren Normalzustand zurückgleiten als die Frauen. Denn auf lange Sicht wird die Corona-Krise Frauen härter als Männer treffen, unabhängig vom gesundheitlichen Aspekt. Wie die kanadische Gesundheitsforscherin Julia Smith am Beispiel der Ebola-Krise herausgefunden hat, haben Seuchen einen "Gender Impact" – im armen wie im reichen Teil der Welt.

Frauenlöhne und -gehälter klettern langsamer auf Vor-Seuchen-Niveau zurück. Frauen laborieren stärker an Spätfolgen von unerkannten, weil in der Krise nicht prioritären Krankheiten. Sie werden in einer isolierten Situation häufiger Opfer häuslicher Gewalt.

Homeoffice, Homeschooling und Social Distancing werfen Frauen zurück in die 1950er-Jahre.
Foto: imago/Daniel Ingold

Homeoffice, Homeschooling und Social Distancing werfen Frauen zurück in die 1950er-Jahre: ein "Desaster für den Feminismus", wie die Autorin Helen Lewis kürzlich im "Atlantic" schrieb. Die mühsam erkämpfte Partnerschaftlichkeit in modernen (heterosexuellen) Beziehungen, der Fortschritt der Gleichberechtigung ist ein fragiler Konsens. Er beruht vor allem darauf, dass andere Menschen, zumeist Frauen, häufig aus Südosteuropa, Versorgungs- und Pflegeleistungen erbringen, die früher die Frauen in der Familie erbrachten. Dass diese Care-Berufe oft auch noch beschämend schlecht bezahlt werden, ist ein weiterer gravierender Widerspruch moderner Gesellschaften.

Darf die 24-Stunden-Betreuerin aber nicht mehr kommen, um der Oma zu helfen; bleibt die Putzfrau daheim; müssen die Kinder dreimal täglich bekocht, beschult und bespaßt werden, bricht unser fein austariertes Lebensmodell in sich zusammen. Die Entscheidungen, die Paare dieser Tage fällen müssen, sind so simpel wie hart: Der mit dem höheren Einkommen und dem Vollzeitjob arbeitet, so gut es geht, weiter. Die mit dem Teilzeitjob und dem geringen Einkommen übernimmt noch stärker als bisher die Versorgungsarbeit. Da 79 Prozent aller Teilzeitjobs von Frauen erledigt werden, muss man nicht lange raten, wie die Rollenverteilung aussieht. Das sind nüchterne finanzielle Überlegungen – mit weitreichenden Folgen: Wer in einer solchen Megakrise beruflich nicht am Ball bleibt, wird auch deren Spätfolgen stärker spüren. Alleinerzieherinnen trifft all das noch einmal härter.

Österreichs Regierung, die sich zugutehält, dass sie früh, weit- und umsichtig auf das Coronavirus reagiert hat, muss sich diesen stillen Gefahren der Pandemie stellen und ihnen mit aller Kraft entgegenwirken. Es darf nicht hingenommen werden, dass sich nach Corona mehr als die Hälfte der Bevölkerung im bieder-brutalen Mief der Nachkriegsjahre wiederfindet. (Petra Stuiber, 3.4.2020)