Seit Beginn der Coronavirus-Krise sprießen fast täglich neue Projekte, Initiativen oder Hilfsangebote aus dem Boden. In der aktuellen Situation brauchen manche Menschen verstärkt Hilfe von ihren Mitbürgern – oder einfach auch nur Ablenkung für sich oder ihre Kinder.

Eine Hilfe für ältere Menschen sind ihre Nachbarn, die sich bereiterklären, für sie einkaufen zu gehen.
Foto: Robert Newald

Hilfen in der Nachbarschaft und Solidarität

Gerade ältere Menschen und jene mit Vorerkrankungen sollten die Öffentlichkeit derzeit besonders meiden. Unter dem Hashtag Nachbarschaftschallenge findet man Vorlagen für Briefe, die man im Stiegenhaus aufhängen kann, wenn man für seine älteren Nachbarn einkaufen gehen kann. Ähnlich – nur über das eigene Haus hinaus – funktioniert das Team Nächstenliebe der Caritas.

Das unabhängige Landes-Freiwilligenzentrum Oberösterreich geht einen Schritt weiter, die Helfer gehen hier nicht nur einkaufen – auch Telefonate gegen die Einsamkeit werden von den digitalen Helpgroups angeboten.

Ausgangssperren sind für Straßenzeitungsverkäufer eine Existenzbedrohung. Der 20er – sein Name rührt vom einstigen Schilling-Verkaufspreis her – bereichert seit über zwei Jahrzehnten die Tiroler Medienlandschaft. Für seine 150 aktiven Verkäufer bedeutet er ein unverzichtbares monatliches Zubrot. Nun bietet der 20er "Soli-Abos" zum Preis von 20 Euro an. Dafür erhalten Unterstützer drei Ausgaben zugeschickt. Ein Teil wird für den Fortbestand des Magazins verwendet, fünf Euro pro Abo gehen in den Unterstützungsfonds für die Verkäufer. Um dem 20er zu helfen, reicht eine E-Mail an abo@20er.at.

Wolfgang Amadeus Mozart gibt's als Playmobil-Figur und, "Figaros Hochzeit" wird auch mit Playmobil-Manderln gespielt.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Küchenkultur mit Wolferl und Macbeth

Wie unzählige andere ist auch die altehrwürdige Salzburger Stiftung Mozarteum gezwungen, ins Netz auszuweichen. Die Stiftung hat die Gelegenheit ergriffen, um mit der Aktion #kleinePauseMozart ein wenig Staub von ihrem Image abzuschütteln: Jeden Tag um elf Uhr gibt’s ein inhaltliches Update aus der Welt des Wolferls. Natürlich gibt’s auch Livekonzert oder Beiträge des Mozart-Kinderorchesters wie die Eigenkomposition des elfjährigen Leonard Burkali mit dem Kanon "Wosch da d’ Händ!". Und für alle, die sich in Mozarts Welt noch nicht so zurechtfinden wird Figaros Hochzeit mit Playmobil-Manderl gespielt: sehenswert!

Für Theaterfreunde gibt es einen kleinen Trost: Das Grazer Schauspielhaus musste zwar sperren, aber es kommt – in Coronazeiten wie diesen – nun online ins Haus. In den nächsten Wochen werden die Website und auch Instagram und Facebook verstärkt bespielt, etwa mit dem #bestofschauspielhaus-Rückblicklicken auf die Highlights der vergangenen Spielzeiten.

Mit einer eigens produzierten Video-Reihe #dramazuhause, die zu Wochenbeginn auf den Online-Kanälen des Theaters gestartet ist, geben Schauspieler amüsante, kreative Einblicke in ihr "Homeoffice". Den Auftakt machte Frieder Langenberger mit einer "Macbeth-Küchenperformance".


Pädagogisch Bewegendes und digital Lustiges

Der Sport hat gerade Zeit – sehr viel sogar. Profisportler jeder Couleur zeigen auf ihren Social-Media-Kanälen, wie es geht, dass man den Körper in der Zeit der Isolation fit hält. Das sieht dann überall recht ähnlich aus: Schuften und Workout im schicken Heimfitnesstudio, ein paar Hanteln wuchten, Liegestütze und vieles mehr, was den Body stählen soll. Das kann zur Motivation beitragen, Initialzündungen von der Couch sind aber wohl selten.

Präpandemisch, also schon im Herbst 2018, zündete dafür bereits die App Ballschule unter der Koordination des österreichischen Fußballbundes (ÖFB). Mit Anleitungsvideos soll das Erlernen von Ballsportarten leichter zugänglich werden. Ursprünglich für Pädagogen, Trainer und Lehrer konzipiert, wurde das Angebot vergrößert und soll jetzt Kindern und Jugendlichen zu Hause den Spaß am Ball näherbringen.

Weniger körperbetont, dafür umso unterhaltsamer mutet Live Penalty an. Per Handy kann man jeden Mittwoch um 19 Uhr eine Ballwurfmaschine steuern und echte Bälle vom Elferpunkt gegen echte Goalies schießen.

Das Zoom-Kindermuseum hat geschlossen. Das Team rund um Direktorin Andrea Zsutty hat ein Onlineangebot geschaffen.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Malen, Basteln und Aufregen für Kinder

Weil die Kleinsten in Wien derzeit nicht ins Museum gehen, kommt es zu ihnen nach Hause. Unter dem Motto "Zoom selber machen" stellt das Museum thematisch Aufrufe zum Basteln und Hochladen auf ihre Website. Eine der Aktionen: ein Briefkasten für Beschwerden. Da soll man hinschreiben, was einen am Virus so richtig aufregt – ein künstlerisches Beschwerdegewitter soll entstehen. Oder: Kinder sollen zeigen, wo sie wohnen. "Verwandelt das Mitteilungsbrett im Stiegenhaus in eine Gemäldegalerie und macht dort eine Ausstellung", heißt es.

Wer noch mehr Ideen braucht, für den sammeln die Illustratoren auf dem Instagram-Account @illustratorsagainstcovid19 Vorlagen von Künstlern und interaktive Ideen sowie kleine Spiele zum Ausdrucken – speziell für jene, die sich noch nicht so gut selbst beschäftigen können.

Studierende lernen und lehren Schüler

Die Schließung der Hochschulen war eine der ersten Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus. Rund 380.000 Studierende sollen sich nun den Stoff selbst beibringen.

Damit das Selbststudium leichter fällt, hat die Hochschülerschaft der Uni für Bodenkultur zur #BOKUlearnchallenge aufgerufen, eine Art digitale Lerngruppe. Man nominiert sich gegenseitig, Erklärlinks zum Stoff zu teilen.

So manch eine oder einer will in der gewonnenen Zeit aber auch helfen, und zwar nicht nur beim Zivildienst oder als Medizinstudierende bei der Hotline 1450, sondern etwa auch bei "Pharmaziestudierende helfen österreichweit Apotheken", einer Initiative, an der auch die Studienvertretungen der Unis Graz, Innsbruck und Wien beteiligt sind. Die Studierenden werden für die Zeit in den Apotheken angestellt, die derzeit deutlich mehr Kunden haben.

Lehramtsstudierende an der Pädagogischen Hochschule in Salzburg können hingegen die Hälfte ihrer Unterrichtspraktika durch Ersatzleistungen absolvieren – und sich fürs Studium anrechnen lassen. Etwa können sie die Lehrenden beim Distance-Teaching unterstützen oder den Schülern Lernhilfe per Video geben.

Weil die Büchereien geschlossen sind, werden Bücher im Burgenland verschickt.
Foto: Heribert Corn

Hirnfutter für Leseratten im Burgenland

Alle sagen, man solle ja nicht aufs Trinken vergessen. Für Schluckspechte mag das reichen. Leseratten brauchen aber Mehr. Wo herkriegen das Grundnahrungsmittel fürs Hirn? Gerade im ländlichen Raum?

Gerade der hat es diesbezüglich leichter, jetzt auf Krisenmodus zu schalten. Die Bücherei des kleinen burgenländischen Dorfes Marz hat ein Zustellservice eingerichtet. Die Leiterin Klaudia Piller meint, man könne nicht jetzt, da die Kinder daheim sind, den Leseservice kappen. Bestellt werden kann telefonisch oder per Mail, jedem Montag wird zugestellt. "Zuletzt, beim ersten Mal, waren das schon zwölf Packerl. Aber es wird sicher mehr, es wird angenommen." Bürgermeister Gerald Hüller (ÖVP) hat die Initiative aufgenommen. "Die Gemeindearbeiter stellen ohnehin die Medikamente zu." Die Bücherei hat einen im Aufbau befindlichen Online-Katalog. "Wir suchen aus, wenn jemand etwa ,irgendein Osterbuch‘ sucht." Man kennt einander ja.

Ausleihen kann man auch Hörbücher und Tonies. Ein Service für eingesperrte Kinder. Piller fände es schade, die Zeit ohne Lesen verstreichen zu lassen. "Vielleicht wird daraus ja eine neue Gewohnheit." Der Bibliotheks-Landesverband hat das und mehr online gesammelt.

Damit das Osterfest auch in der Quarantäne über die Bühne gehen kann, kommt geweihtes Selchfleisch per Post.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Die geweihte Osterjause online bestellen

Würstelsuppe am 24. Dezember, geweihtes Geselchtes am Ostersonntag – so mancher Brauch überdauert Jahrhunderte. Heuer ist alles anders: Das Versammlungsverbot lässt die traditionelle Fleischweihe ausfallen. Auf den mit priesterlichem Segen versehenen Schinken samt Kren, Eiern und Pinze muss man nicht verzichten. Ein Metzger aus Grödig nahe Salzburg versendet "Osterkistl". Die Jause gibt’s für zwei oder vier Personen. Der Inhalt wird von Grödigs Dorfpfarrer vor Versand geweiht.

Plattform für heimische Onlineshops

Als klar wurde, dass jene Geschäfte, die nicht systemrelevant sind, wegen der Corona-Krise schließen müssen, lag Nunu Kaller heulend zu Hause und dachte an ihre selbstständigen Freunde. Das schreibt die Autorin und Greenpeace-Konsumentensprecherin auf Instagram. Daraufhin hat sie spontan ihre brachliegende Webseite nunukaller.com zu einer Datenbank für Onlineshops heimischer Händler umgemodelt. Damit sollen einerseits kleine Geschäfte vor dem Ruin bewahrt, andererseits auch die österreichische Gesundheitsversorgung unterstützt werden. Denn: Onlinehändler wie Amazon zahlen hierzulande kaum Steuern und finanzieren so kein Spitalsbett oder Beatmungsgerät, so Kaller. (ars, hag, mue, neu, ook, set, wei, 3.4.2020)