Die wesentlichen Maßnahmen des dritten Corona-Pakets:
Aufschub für Mieter und Kreditnehmer
Sollte jemand zwischen 1. April und 30. Juni Schwierigkeiten haben, aufgrund der Corona-Einschränkungen die Wohnungsmiete zu bezahlen, dann ist das kein Kündigungsgrund. Mietrückstände aus diesem Zeitraum sollten dann bis 31. Dezember zurückgezahlt werden – inklusive Verzugszinsen von vier Prozent p. a. Zahlungsrückstände, die Corona-bedingt zwischen April und Juni 2020 entstehen, können erst ab Jänner 2021 vom Vermieter eingeklagt werden, und zu einer Räumungsklage kann es deswegen sogar erst dann kommen, wenn der Mieter nicht spätestens bis Juni 2022 die Schuld beglichen hat.
Aus anderen Gründen kann es freilich trotzdem jederzeit zu einer Delogierung kommen, denn der von Mieterschützern vehement geforderte Delogierungsstopp kommt mit Abstrichen. Räumungsexekutionen können zwar auf Antrag des Mieters für drei Monate aufgeschoben werden – "es sei denn, die Räumung ist zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des betreibenden Gläubigers (Anm.: Vermieters) unerlässlich", heißt es im Entwurf.
Befristete Mietverträge, die nach dem 30. März und vor dem 1. Juli 2020 auslaufen, können einvernehmlich zwischen Mietern und Vermietern verlängert werden, maximal bis Jahresende. Dass das nur eine "Kann-Bestimmung" ist und von der Zustimmung des Vermieters abhängt, sorgt für Kritik.
Stundung von Krediten
Auch private Kreditnehmer und Kleinstunternehmer sollen entlastet werden. Bis Ende Juni fällige Zahlungen (Kreditraten, Zinsen, Tilgungen) werden automatisch für drei Monate gestundet – also bis 30. Juni. Die Vorschriften gelten für Kreditverträge, die vor dem 15. März geschlossen wurden. Voraussetzung dafür ist, dass der Kreditnehmer Corona-bedingt Einkommensausfälle hat, sodass ihm eine Rückzahlung "nicht zumutbar" ist, heißt es im Gesetzesentwurf. Bei Privatkunden ist Letzteres dann der Fall, wenn der angemessene Lebensunterhalt des Kreditnehmers oder Unterhaltsberechtigter gefährdet ist, bei Kleinstunternehmen wird auf die "Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs" abgestellt.
Die Stundung erfolgt automatisch – es sei denn, der Kreditnehmer zahlt von sich aus weiter. Abseits dessen können Banken und ihre Kunden auch andere Vereinbarungen treffen. Ausdrücklich verboten ist es den Instituten aber, Kreditverträge in der Stundungszeit zu kündigen (also fällig zu stellen) oder die Konditionen zu verschlechtern. (mapu, gra)
Fußgängerzonen statt Autoverkehr
Auch im Zuständigkeitsbereich von Klima- und Mobilitätsministerin Leonore Gewessler (Grüne) gibt es Neuerungen. Eine gewisse politische Brisanz hat die Novelle des Paragrafen 76 der Straßenverkehrsordnung: Ermöglicht er doch quasi Corona-Fußgängerzonen, die von Gewesslers Parteikollegin und Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein gewünscht werden.
- Mehr Platz für Fußgänger Die jeweils zuständige Behörde soll die Möglichkeit bekommen, Straßen für den Fahrzeugverkehr zu sperren, nur Zu- und Abfahrten, etwa zu Garagen, sind dann erlaubt. Im Gegenzug erhalten Fußgänger das Recht, auch die Fahrbahn zu benutzen, sofern sie andere nicht mutwillig behindern. Auch Radfahren ist in diesen Zonen erlaubt. Diese Möglichkeit existiert potenziell länger, als die Pandemie dauert: Eine entsprechende Verordnung kann bis zum 31. Dezember 2020 gelten.
- Mehr Zeit fürs Pickerl Die Überprüfung eines Kraftfahrzeuges nach § 57a Kraftfahrgesetz, vulgo "Pickerl", kann bis 31. Mai 2020 verschoben und das Auto weiter benutzt werden, auch wenn die Plakette abgelaufen ist. Diese Erlaubnis gilt allerdings nur für Österreich. (moe)
Fristenstopp und Arbeitsunfälle
Was Recht and Ordnung betrifft, sind in den Gesetzespaketen vor allem Klarstellungen und Fristverlängerungen enthalten.
- Mehr Zeit vor Gericht: Sowohl bei den Höchstgerichten als auch bei Verfahren in unteren Instanzen werden Fristenläufe gestoppt – vorerst bis 30. April. So soll verhindert werden, dass ein Prozess nach mehr als zweimonatiger Pause komplett neu verhandelt werden muss. Ausnahmen gibt es nur für Prozesse, bei denen Angeklagte sich in (Untersuchungs-)Haft befinden.
- Exekutive ohne Auftrag: Im Epidemiegesetz soll nun festgeschrieben werden, dass Sicherheitsorgane auch von sich aus gegen "Abstandssünder" oder "Maskenverweigerer" tätig werden können, auch ohne dass sie wie bisher einen dezidierten Auftrag der zuständigen Behörde erhalten.
- Sicherheit im Homeoffice Arbeitsrechtlich interessant: Unfälle im Homeoffice sind zwischen 11. März und 31. Dezember definitiv Arbeitsunfälle.
- Neues Amt kommt später: Der Aufbau des "Amt für Betrugsbekämpfung", der eigentlich am 1. Juli starten sollte, beginnt nun erst am 1. Jänner 2021. (moe)
Flexible Fristen für Schulen und Unis
Es ist Macht auf Reserve, die Bildungsminister Heinz Faßmann heute, Freitag, im Parlament erhalten soll: viel Macht und viele Möglichkeiten zum Eingreifen in den schulischen und universitären Ablauf. Alles wegen Corona. Technisch gesehen geht es zum Beispiel um Stichtage und Fristen, praktisch bedeutet das etwa das formale Ende eines Schul- oder Studienjahrs und den Beginn der Ferien in diesem Jahr, das, wie Faßmann unlängst sagte, zweifellos "kein normales" ist.
Im Ressort für Bildung, Wissenschaft und Forschung will man mit den geplanten Verordnungsermächtigungen "behutsam" umgehen, ließ Generalsekretär Martin Netzer am Donnerstag die Austria Presseagentur wissen. Die im Gesetzesentwurf vorgesehenen Ermächtigungen seien weitreichend, aber: "Welche Optionen realisiert werden, wird dann in den Verordnungen geklärt." Und voraussichtlich nicht vor Mitte April.
Faßmann soll etwa ermächtigt werden, Beginn und Ende des Unterrichtsjahrs oder Termine für Beurteilungskonferenzen etc. festzulegen. Detto für das Studienjahr. Auch die Höchstzahl der erlaubten Unterrichtsstunden pro Tag darf erhöht werden. Aber keine Angst, meint Netzer: "Da ist die Befürchtung gleich da, dass Sommerferien gestrichen werden oder Lehrer in den Sommerferien bis in den Abend arbeiten müssen. Aber das ist nicht der Anlass. Es geht um ganz spezifische Problemfälle."
Ein Beispiel: Laut derzeitiger Gesetzeslage würde das Schuljahr für die Abschlussklassen knapp nach Ostern enden. "Es muss aber für die Schüler die Möglichkeit geben, eine Feststellungsprüfung zu machen." Darum braucht man wahrscheinlich spätere Fristen. So wie für die Uni-Inskription auch.
Eine andere Notwendigkeit könnte bei Berufsschulen entstehen: Viele Lehrlinge – etwa im Lebensmittelhandel – helfen derzeit in den Betrieben mit, können also nicht beim Distance-Learning mitmachen. "Wenn wir das Schuljahr bei ihnen nicht verlängern, würden sie das komplette Jahr verlieren." Das muss mit flexiblen Fristen geregelt werden. (nim)