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Die Regierung will an diesem Freitag ein Gesetz durchs Parlament bringen, das Medien in der Corona-Krise unterstützen soll. Wenn es so kommt, wird es jedoch die Bedingungen für Qualitätsjournalismus weiter verschlechtern. Die geplante Krisenförderung bevorzugt Boulevardmedien, die Millionen an Steuergeld bekommen sollen. Für Qualitätsmedien hingegen ist nur ein Bruchteil davon vorgesehen. Konkret: Pro Boulevardmedium inklusive Gratisblättern gibt es rund zwei bis drei Millionen, pro Qualitätsmedium etwa ein Zehntel davon.

Damit die Corona-Krise nicht zur Medien-Krise wird, ist eine Soforthilfe nötig. Medien finanzieren sich insbesondere über Werbung, und letztere bricht in Krisen massiv ein. Zugleich steigen die Kosten, denn nie ist das Informationsbedürfnis der Gesellschaft größer als in solchen Zeiten der Ungewissheit; nie ist die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten gefragter als jetzt, wenn verlässliche Informationen sogar Menschenleben retten können.

Kriterium: Druckauflage

Doch was hier geplant ist, würde Boulevardmedien das Überleben sichern, während kritischer Qualitätsjournalismus bedroht ist, von der Krise in die Knie gezwungen zu werden. Es stellt sich die Frage: Ist es bloß ein Versehen, der Lage geschuldet? Oder steckt Absicht dahinter, dass ausgerechnet jene Medien belohnt werden, die an der Politik diverser Regierungsmitglieder meist nur wenig auszusetzen haben? Wie lässt sich erklären, dass als Kriterium für die Förderhöhe der wohl absurdeste Wert gewählt wurde: die Druckauflage – am Boulevard traditionell hoch.

Wer mehr Zeitungsexemplare druckt und vertreibt, soll stärker gefördert werden. Als ließe sich von der Menge an bedrucktem Papier irgendein Rückschluss auf die Förderwürdigkeit von Journalismus ableiten. Ganz abgesehen davon, dass es inzwischen auch Online-Journalismus gibt. Oder, wie es der Presseclub Concordia formuliert: "Ausschlaggebend für die Förderung sollte die Qualität des Inhalts, nicht Vertriebsweg und Auflage sein."

Boulevard-Belohnungsgesetz

Man könnte nun einwenden, diese Argumentation sei nicht objektiv. Und das ist sie auch nicht, denn das hier ist ein Kommentar, noch dazu in eigener Sache – und als solcher ist er auch gekennzeichnet. Das ist eines der Kriterien für Qualitätsjournalismus: Er trennt zwischen Meinung und Bericht. Er fährt keine Kampagnen. Er erfindet keine Geschichten. Er unterwirft sich dem Presserat. Er enttarnt Fake-News. Er informiert, aber manipuliert nicht. Er analysiert und kommentiert das Weltgeschehen, ohne eigene Agenda. Das sind einige der Kriterien, die eine Redaktion förderwürdig machen würden.

Eine Regierung – und dazu gehören nun auch die Grünen – nimmt ihre Verantwortung nicht ernst, wenn sie kritischen, oft auch unangenehmen Qualitätsjournalismus benachteiligt. Unabhängige Medien sind der Garant, dass eine Gesellschaft stets hinterfragt, ob der Kurs stimmt, auf dem das Land unterwegs ist, oder ob man in eine gefährliche Richtung abdriftet. Dieses hohe Gut gilt es gerade in Krisenzeiten zu sichern. Aber was hier geplant ist, ist kein Medien-Rettungsgesetz. Es ist ein Boulevard-Belohnungsgesetz. (Martin Kotynek, 3.4.2020)