Chefs müssen derzeit besonders aufpassen, dass sie nicht – ungewollt – zu "Beziehungskillern" werden, und möglichst nachlassen.

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Es piept dauernd rein für die nächste Videokonferenz. Dazu neue Chatnachrichten: was noch fehlt, wer noch wartet, wo es Fehler gibt, wer sich beschwert. Der Chef ist zu Hause, am Küchentisch der Mitarbeiter. Das kann natürlich auch eine Sie sein, meistens ist es ein Er.

Das muss da sein, jenes schon seit Stunden fertig – und bitte nochmal genauer! Von einigen Teammitgliedern fehlen Reports, was macht eigentlich die XY den ganzen Tag daheim?

Irgendwann wird der stoischste Mensch nach einer Reihe solcher "Arbeitstage" im Homeoffice grantig im neuen Büro zwischen Küche und Esstisch, zwischen allen kleinen und mittleren Katastrophen mit Kindern, Eltern und Partnern. Was passiert mit der Beziehung nach drei Wochen mit ansteigender Spannung, Gar-nicht-mehr-wissen-wohin-zuerst-schauen, Reden, Beruhigen, Managen. Das, nachdem seit Wochen der Wecker um 4.30 Uhr läutet, damit man wenigstens zwei Stunden in Ruhe, bevor der häusliche Trubel losgeht, arbeiten kann. So lange und so geladen waren die Tage noch nie.

Gemütliche Abende und einfach abschalten mit Selbstdisziplin, einfach mehr privat? Jetzt den Job gefährden geht schon gar nicht, täglich tausende Arbeitslose mehr. Und: Wird das alles jetzt aufgeschrieben für danach, wie sieht die Abrechnung nach der Krise aus? Wie werden im Hintergrund Plus und Minus verteilt?

Chefs müssen derzeit besonders aufpassen, dass sie nicht – ungewollt – zu "Beziehungskillern" werden, und möglichst nachlassen. (Karin Bauer, 4.4.2020)