Kommunikationswissenschafter Matthias Karmasin lehrt an der Akademie der Wissenschaften und der Uni Klagenfurt.

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Wien – Die Maßnahmen der Regierung zur Sonderförderung für Medien stoßen weiter auf heftige Kritik. Es sei wichtig, den Medien in Corona-Zeiten zu helfen, aber nicht auf diese Art und Weise, monierte Kommunikationswissenschafter Matthias Karmasin am Freitag bei einer Diskussion des Presseclubs Concordia, dessen Vorstandsmitglied er ist. Neben der Druckauflage als Basis für die Förderung von Tageszeitungen sieht der neue Entwurf auch eine Vertriebsförderung für Tages- und Wochenzeitungen vor. Sie soll einmalig erhöht werden.

Qualität statt Gießkanne

Karmasin fordert: weg vom Gießkannenprinzip, hin zu einer Förderung von Qualität. Wie berichtet, orientiert sich das Modell der Regierung bei den Tageszeitungen primär an der Druckauflage, was Boulevardmedien wie "Kronen Zeitung", "Heute" und "Österreich/oe24" begünstigt: "Das Verschenken von Papier sollte nicht belohnt werden, sondern digitaler Vertrieb", sagt Karmasin, der die Einbeziehung von Onlinemedien vermisst.

Online steht für Social Distancing

"Eine Förderung, die rein auf den Vertrieb von totem Holz abstellt, geht an den Nutzungsmodalitäten vorbei", so Karmasin. "Gerade in Zeiten von Corona wird man die Zeitungen nicht mehr in der Trafik oder in der Kolportage erwerben." Viele würden sich die Informationen online holen. "Medien sollten nicht für erfolgreiche Digitalisierung bestraft werden." Karmasin zeigt sich verwundert, dass bei dem Modell nicht die Digitalisierungsministerin und der Gesundheitsminister aufschreien, denn: "Digitale Information ist der beste Weg zum Social Distancing. Ich brauche nicht in die Trafik gehen, um Informationen zu holen."

Nicht zu unterschätzen seien auch die Interaktionsmöglichkeiten, die Onlinemedien generell, aber eben auch speziell in Zeiten von Isolation bieten: "Gut moderierte Onlinemedien gehören mit ihren Foren dazu. Das sollte gefördert werden, das kostet nämlich auch Geld."

Qualitätskriterien sind definiert

Die Druckauflagen sollten kein Kriterium für die Medienförderung sein. Diese sollte sich vielmehr an der Qualität orientieren, dazu existierten bereits zahlreiche Expertenpapiere und Vorschläge. Da gebe es Parameter wie Anstellung der Leute nach dem Journalistenkollektivvertrag, die Beteiligung eines Mediums an einer Institution der Selbstkontrolle wie dem Presserat oder die Frage, ob es ein Redakteursstatut gibt oder nicht. Weder die "Kronen Zeitung" noch "Heute" oder oe24.at (nur die Zeitung ist Mitglied des Presserats, nicht aber das Onlineportal*) sind Mitglieder des Presserats. Die drei Medien gehören regelmäßig zu jenen, die am häufigsten gegen den Ehrenkodex verstoßen.

Eine Medienförderung solle auch dazu dienen, das Marktversagen ein Stück weit abzufedern, sagt Karmasin, indem etwa die Marktmacht etwas zurückgedrängt werde: "Jetzt ist das Gegenteil der Fall." Verständnis hat Karmasin für das Credo der Regierung, wer schnell hilft, hilft doppelt, nur: Die Treffsicherheit dürfe nicht komplett unter die Räder kommen.

Wer Medienförderung bekomme, solle nicht von Politikern entschieden werden, sondern von unabhängigen Experten, fordert Karmasin. Mittelfristig solle die gesamte Medienförderung auf den Empfehlungen der Experten aufbauen, fordert er: weg von der Politik. Kritik kommt auch an der Förderung des Privatrundfunks, der nach den Plänen der Regierung 15 Millionen Euro bekommen solle: "Auch dort muss es um eine Qualitätsförderung geben und nicht darum, nur die Werbeausfälle zu kompensieren." (omark, 3.4.2020)