China beliefert nun Länder, die besonders stark vom Coronavirus getroffen sind – etwa Italien –, mit Schutzausrüstung und Know-how.

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Eigentlich wollte die französische Regierung nicht in die Kritik am chinesischen Regime einstimmen: Paris hat erst vor wenigen Tagen in Peking eine Milliarde Schutzmasken bestellt, und am Sonntag traf bereits die erste Ladung per Flugzeug ein. Doch jetzt behauptet die chinesische Botschaft auch noch in einem offiziellen Statement, ihr Land habe mit seinem entschlossenen Vorgehen gegen das Coronavirus geschafft, "was den westlichen Demokratien abgeht". Während die Chinesen ihren "Bürgersinn" bewiesen hätten, versagten die Europäer und Amerikaner dabei.

Nun reichte es in Paris selbst Regierungsvertretern. Europaministerin Amélie de Montchalin prangert die "Propaganda" einzelner Staaten an, die die Krise für ihre Zwecke "instrumentalisieren". Damit es klar war, wer gemeint ist, fügte die enge Vertraute von Präsident Emmanuel Macron an: "Ich spreche von China und Russland." Auch die Pariser Medien sprechen nun Klartext. "Le Figaro" ärgert sich über die "Morallektionen der chinesischen Botschaft", nachdem die kommunistische Partei die Epidemie in Wuhan wochenlang verheimlicht habe.

Auch "Le Parisien" betont nun, die Pandemie sei von China ausgegangen, und Peking habe durch seine "Lügen" verhindert, die Epidemie in Wuhan Ende 2019 im Keim zu ersticken. Danach habe die chinesische Diplomatie massiven Druck auf die Weltgesundheitsorganisation ausgeübt, um das Ausmaß der Epidemie herunterzuspielen. Angesichts dieser harschen Reaktionen musste der Dienstchef eines Pariser Spitals sogar beschwichtigend eingreifen und erklären, es sei "vielleicht nicht der Moment, sich mit dem Hauptlieferanten von Schutzmasken zu überwerfen". Zumal China auch die Moleküle für wichtige Medikamente liefert. Deren Mangel macht sich in Pariser und Elsässer Spitälern langsam bemerkbar.

Schutzmasken-Chaos in Italien hausgemacht

Auch in Italien zeigt man sich dankbar ob der dringend benötigten Hilfe aus Fernost: Am 13. März war in Rom eine Frachtmaschine von China Eastern aus Schanghai gelandet. An Bord befanden sich neun Coronavirus-erfahrene Ärztinnen und Ärzte sowie 31 Tonnen medizinisches Material: Hunderttausende Schutzmasken und Schutzanzüge, Testkits, Beatmungsgeräte. Und bisher sind seitens des Zivilschutzes keine Beanstandungen an der Qualität der gelieferten Masken made in China bekanntgeworden.

Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch die Italiener Probleme mit unzulänglicher Schutzausrüstung hätten. Sie schaffen sich die Probleme aber selber: Vergangene Woche ist bekanntgeworden, dass der Zivilschutz 620.000 gewöhnliche Staubmasken an Ärzte und Spitäler geliefert hatte statt der für das medizinische Personal benötigten FFP2-Masken. Die Lieferung stammte von einem privaten chinesischen Spender – aber der konnte nichts dafür: Er hatte mit dem gleichen Flugzeug durchaus auch FFP2-Masken nach Italien geschickt – aber die entsprechenden Pakete sind auf dem Flughafen verwechselt worden. Die Ärzte haben den Irrtum zum Glück rechtzeitig entdeckt.

Außerdem machen in Italien Betrüger ein Geschäft mit dem nach wie vor akuten Mangel an Schutzausrüstung: Im ganzen Land sind Nähereien entstanden, die die begehrten Masken herstellen – und zu horrenden Preisen verkaufen. Die Selfmade-Masken genügen oft nicht einmal minimalsten Anforderungen. Die Finanzpolizei hat schon dutzende solcher Betriebe ausgehoben – aber solange der Mangel an Schutzmasken anhält, entstehen immer wieder neue. Daneben produzieren seriöse Textilunternehmen neuerdings wöchentlich 450.000 Schutzmasken, die den Standards entsprechen. Das reicht freilich nicht aus – inzwischen hat Italien bereits 22 Millionen Schutzmasken aus China bezogen.

Deutschlands China-Masken

In Deutschland sind bisher 20 Millionen Schutzmasken vom Bund an die Länder und die kassenärztlichen Vereinigungen geliefert worden. Diese sind für die Verteilung an die Krankenhäuser, Pflegeheime und niedergelassenen Ärzte zuständig. Dabei sind auch Masken aus China, wie viele, ist aber nicht bekannt. Qualitätsprobleme seien bisher nicht gemeldet worden, heißt es im Gesundheitsministerium, da die Masken entweder vorher geprüft werden oder nach den Standards für Medizinprodukte zertifiziert seien.

In Deutschland gibt es keine allgemeine Pflicht zum Maskentragen. Politiker im Bund und in den Ländern meinen, die Menschen würden sich damit in falscher Sicherheit wiegen. Man sieht aber immer mehr Menschen, die lieber mit Mundschutz aus dem Haus gehen.

Ungenaue Tests in Großbritannien

Das A und O der Pandemiebekämpfung bleiben aber zuverlässige Tests, und denen läuft auch das britische Nationale Gesundheitssystem NHS weiter nach. Kabinettsminister Michael Gove verwirrte diese Woche die Öffentlichkeit durch den Hinweis auf "fehlende Chemikalien"; in Wirklichkeit hat die Regierung schlicht versäumt, bei den entsprechenden Anbietern rechtzeitig die Bestandteile der Tests zu bestellen.

Dabei gibt es gelegentlich auch enttäuschte Hoffnungen. Londoner Medien berichteten kürzlich, eigentlich als seriös geltende Zwischenhändler hätten chinesische Tests zum Kauf angeboten. Die fällige Prüfung durch die zuständige Gesundheitsbehörde ergab, dass die Tests aber nur eine Genauigkeit von etwa 30 Prozent aufwiesen. Das NHS hat daraufhin dankend abgelehnt. (Birgit Baumann aus Berlin, Sebastian Borger aus London, Stefan Brändle aus Paris, Dominik Straub aus Rom, 3.4.2020)