In Zeiten der Corona-Pandemie bekommt berührungsloses Bezahlen neuen Rückenwind. Das ist auch beim Anbieter Bluecode zu spüren. Das in Österreich entstandene Handybezahlsystem erfuhr zuletzt gesteigertes Interesse. "Wir haben einen Sprung bei den App-Downloads verzeichnet. Die Zahlen steigen kontinuierlich", erklärt Christian Pirkner, CEO der Blue Code International.

Bluecode hat sich als Player eines europäischen Mobil-Bezahlsystems etabliert, das der mächtigen Konkurrenz von Apple und Google die Stirn bieten will. Dem Unternehmen kommt eine Schlüsselrolle in der Integration und Vereinheitlichung der verschiedenen nationalen Lösungen in Europa zu. Vor kurzem konnten, unterstützt von der Förderagentur FFG und der Standortagentur Tirol, EU-Mittel in der Höhe von zwei Millionen Euro eingeworben werden. Davor, im Herbst 2018, investierten private Risikogeldgeber bereits über elf Millionen Euro.

Distanz und Gesichtsmaske: Ein österreichischer Anbieter, von Förderagenturen unterstützt, versucht sich mit Handy-Bezahlsystemen am Weltmarkt zu etablieren.
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Angefangen hat für das mobile Bezahlsystem alles in Tirol, wo Brancheninsider Michael Suitner vor knapp zehn Jahren mit seinem Start-up Secure Payment Technologies ein Bezahlsystem auf die Beine stellte, das schon 2012 – also vor Apple Pay und Google Pay – in einem Pilotprojekt von ersten Supermärkten und Banken in der Region genutzt wurde. Pirkner hatte bereits mehrere Start-ups in Kalifornien gegründet und wurde als Teil einer Jury des Austria Wirtschaftsservice (AWS) auf Suitners Unternehmen aufmerksam. Nach einer Zeit im Beirat stieg Pirkner auch selbst ein. Bluecode mit Sitz in der Schweiz wurde gegründet, dort wird das juristische Regelwerk verwaltet, Secure Payment Technologies in Tirol kümmert sich um die Abwicklung. Das gesamte System wurde neu aufgesetzt.

Bezahl-Token am Handy

Teilnehmende Banken müssen eine Anbindung zum Bluecode-System schaffen, sodass ein Kunde, der die App nutzen möchte, sein Konto verknüpfen kann. Ist das geschehen, werden via App sogenannte Tokens – einzigartige Codes, die jeweils nur für einen Zahlungsvorgang nutzbar sind – übermittelt. Die Händler benötigen entweder ein Plug-in in ihrem Kassensystem – der als Strichcode dargestellte Code am Handy des Kunden wird dann beim Zahlungsvorgang per Handscanner erfasst, um die Zahlung abzuschließen – oder eine eigene Bluecode-Hardware, die den Zahlungsvorgang erledigt. Für kleinere Händler lässt sich der Zahlungsempfang auch mittels einer Scan-App am Handy erledigen. "Diese Variante, die mit der Mobiltelefon-Kamera funktioniert, bekommt jetzt viel Zuspruch. Selbst Landwirte, die ab Hof verkaufen, können so rechtskonform und berührungslos Transaktionen abwickeln", betont Pirkner. Durch eine Partnerschaft mit dem chinesischen Anbieter Alipay wurde auch eine gemeinsame QR-Code-Technik etabliert.

Die Bezahlmethode funktioniert auch, wenn das Handy im Moment über keine Internetverbindung verfügt. Bei jedem Token-Abruf werden drei Codes übermittelt, die beiden verbleibenden können offline genutzt werden – was laut Pirkner bei sieben bis 15 Prozent der Bluecode-Zahlungen in Österreich der Fall ist.

Anonymer Zahlungsablauf

Ein wesentlicher Vorteil eines Systems, das einem europäischen Zugang zur Digitalisierung verpflichtet ist, liegt im Datenschutz. "Entsprechend der EU-Datenschutzgrundverordnung ist es uns mit keinem zumutbaren Aufwand möglich, auf die Identität des Kunden zu schließen", betont der Bluecode-Chef. Der ganze Zahlungsablauf sei anonym. Händler- und Bankdaten bleiben voll separiert, Zahlungscode und Nutzerkonto finden erst in der Abrechnungsstelle der Bank zueinander.

Dennoch können Gutschein- oder Treueaktionen über das System abgehandelt werden. "Mit einem Scan kann die Uni-Kantine eine Studenten-ID mit dem anonymisierten Nutzer verbinden, sodass im Hintergrund dann der ermäßigte Studentenpreis verrechnet werden kann", gibt Pirkner ein Beispiel.

85 Prozent des österreichischen Lebensmittelhandels werden von Bluecode bereits abgedeckt. Nun stehen eine weitere europäische Integration und eine Ausweitung auf weitere Händler an. Europa konnte bereits bei den Plattformökonomien von Facebook, Apple und Co kein Gegenstück bieten. Im Bereich der mobilen Zahlungssysteme möchte man dieses Versäumnis nicht wiederholen. (Alois Pumhösel, 4.4.2020)