Der Informationswert eines Interviews mit Sebastian Kurz in der "Krone" bestand in einem Foto, das den Kanzler am Tisch im Kreise seiner neun Aposteln und Apostelinnen, vom Kabinettschef bis zur Büroleiterin, zeigte

Foto: EPA / CHRISTIAN BRUNA

Zwei Personen haben sich diese Woche pflichtgemäß bei der "Kronen Zeitung" gemeldet. Der eine hatte sich vor drei Wochen ebenso pflichtgemäß abgemeldet, aber jetzt: Habsburg meldet sich in der "Krone" zurück. Diszipliniert wie der alte Kaiser. "Ich bin genesen!" – mit Optimismus meldet sich Kaiserenkel Karl von Habsburg im Telefongespräch aus der Quarantäne zurück. Drei Wochen lang war der 59-Jährige, wie berichtet, als Infizierter in seinem Haus von der Umwelt isoliert. Als Genesener empfing er nun – hoffentlich in Privataudienz – seinen Sohn, Rennfahrer Ferdinand, und drehte mit ihm ein Video beim Händewaschen (zu sehen online auf krone.at). Er will den Österreichern in der Krise Hoffnung machen. Er war Nr. 73 der Corona-Infizierten im Land, woher er das weiß, blieb Staatsgeheimnis. Vielleicht war es auch sein Glaube, der den Kaiserenkel gestärkt hat. Schließlich hat er gebetet. Und seinen Großvater, den seliggesprochenen Kaiser Karl, um Fürsprache gebeten. Händewaschen und Fürsprache – da konnte für die Nr. 73 ja gar nichts mehr schiefgehen.

"Krisenkanzler Christuskanzler"

Auf eine so niedrige Infizierten-Nummer kann es der zweite Antreter zum "Krone"-Appell nicht mehr bringen. Krisenkanzler Christuskanzler war zwar bei Armin Thurnher im "Falter" zu lesen, die wahre Apotheose gewährleistete aber die für solche blattüblichen Textsorten zuständige Edda Graf, in der Heiligsprechung unterstützt von einem Kanzlerbildchen auf dem Cover der bunten "Krone", wie sie sonst eher in Kirchen aufliegen: Sursum corda. "Krone"-Leserinnen und Leser, die etwas riskieren wollen, können ihn künftig getrost um Fürsprache bitten.

Der Informationswert des Interviews bestand nicht im Text, sondern in einem Foto, das Kurz am Tisch im Kreise seiner neun Aposteln und Apostelinnen, vom Kabinettschef bis zur Büroleiterin, zeigte, und Armin Thurnher war undelikat genug, sich in seinem Kommentar über diesen Tiefpunkt an Geschmackslosigkeit über die Maßen aufzuregen. Kurz wurde inmitten seines Teams fotografiert, also seines Kabinetts aus ÖVP-Vertrauten. Kein Gesundheitsminister nirgends. Nackter parteipolitischer Profit wurde aus einer nationalen Katastrophe geschlagen. Und zwar im höchstdotierten Blatt der Republik (18 Millionen jährlich aus öffentlicher Werbung). Na eben deshalb – the Medium is the Message.

Die Nachtruhe des Kanzlers

Die Frage, wie es um die Nachtruhe des Bundeskanzlers bestellt sei, wurde in der "Krone" nur gestreift: "Die Tage sind seit Wochen so lang und fordernd, dass zum Wachliegen keine Zeit bleibt." Mehr über den Kanzlerschlaf war in den "Salzburger Nachrichten" zu erfahren, wo die Frage Wer mit dem Bundeskanzler im Notbett schlafen darf geklärt wurde. Bei den Glücklichen handelt es sich im Wesentlichen um die in der "Krone" noch um den Tisch Sitzenden. Für das gesamte Team werden vorsorglich Feldbetten bereitgehalten. Wobei fraglich ist, ob sich am derzeitigen Alltag im Kanzleramt durch die Isolation sehr viel ändern würde. Also alles nur heiße Luft, und das ist gut so. Wer will schon, dass es zu Orgien im Kanzleramt kommt.

Kein Feldbett ist im Kanzleramt offenbar für den Vizekanzler vorgesehen, obwohl der in der "Presse" eine Ergebenheitsadresse an den Christuskanzler abgeliefert hat. Ich bin der Mann im Maschinenraum hinten, der zwischen allen vermittelt. Der vieles im Auge hat. Der den Kanzler unterstützt, die anderen Minister unterstützt. Einer muss sich eben dreckig machen.

Die Krise fördert Selbsterkenntnis

Wie die Krise Selbsterkenntnis fördert, dafür "Krone"-Kolumnist Michael Jeannée als Beispiel. Ich mach gegen Abend meine (erlaubte) Runde mit dem Hund, und es kommt zu der einen oder anderen Begegnung. Mit Pärchen, Joggern, Bikern. Und stets denselben giftigen, bösen, anklagenden scheelen und schrägen Blicken dieser "Mitbürger" in meine Richtung. Sie signalisieren: Hey alter Trottel, was machst du denn da?! Kritische "Krone"-Leser? Wer weiß. Ich fühle mich elend, nutzlos, überflüssig, ausgestoßen, aussätzig. Uralt. Woher nur dieser Pessimismus?

Der "Kurier" eröffnete Montag eine Debatte zum Thema "I am From Austria" als Dankeschön? Der Kabarettist Klaus Eckel war wenig begeistert vom Lärm und stellte die berechtigte Frage, ob die Polizei ein fahrender Ferienklub ist. Anders sein Kontrahent, der den polizeilichen Übergriff wohlwollend so verstand, die Polizei möchte sich mit diesem Lied bei der Bevölkerung fürs Zuhausebleiben bedanken. Und Musik ist besonders jetzt sehr wichtig. Sein Name? Es war ein gewisser Rainhard Fendrich. (Günter Traxler, 5.4.2020)