Bekannt wurden Ortner & Ortner mit dem Wiener Museumsquartier samt Mumok, Kunsthalle und Leopold Museum. Dem großen, monolithischen Bauen blieben sie bis heute treu.

Schnepp Renou

Späte Ehrung für zwei antiradikale BrüderIn den Siebzigerjahren waren sie richtig wilde Hunde. Gemeinsam mit Günter Zamp Kelp und Klaus Pinter arbeiteten sie unter der Dachmarke Haus-Rucker-Co und begehrten mit verrückten Projekten und Installationen gegen das Establishment auf: "Gelbes Herz" war eine Kommunikationsskulptur für zwei Personen, "Mind Expander" eine Kapsel zum Sinnieren, "Oase Nr. 7" ein luftgefüllter Plastikballon mit Palmen und Hängematte, der auf der documenta in Kassel zu bekraxeln war. Als eines der berühmtesten Projekte ging das "Riesenbillard" (1970) in die Architekturgeschichte ein. Und heute?

"Ich denke, heute sind wir selbst Teil des Establishments", sagt Manfred Ortner (76), der mit seinem Bruder Laurids (79) in Wien, Köln und Berlin das Büro Ortner & Ortner Baukunst mit 40 Mitarbeitern betreibt. "Mit Haus-Rucker-Co wollten wir das Alte wegrücken, um Platz für Neues zu schaffen. Das war ein künstlerischer, programmatischer Ansatz, der gut in die damalige Zeit passte. Heute hingegen arbeiten wir nicht mehr gegen die Stadt, sondern mit ihr."

Bekanntheit mit Museumsquartier

Bekannt wurden Ortner & Ortner mit dem Wiener Museumsquartier samt Mumok, Kunsthalle und Leopold Museum. Dem großen, monolithischen Bauen blieben sie bis heute treu. In ihrem Portfolio finden sich Kulturbauten, Bürogebäude und Shoppingcenter – darunter das preisgekrönte NRW-Landesarchiv in Duisburg in einem Speicherbau aus den Dreißigern sowie das umstrittene, fleischfarbene Einkaufszentrum Alexa in Berlin. Das jüngste Projekt ist die "Libelle", ein gläserner Event-Space auf dem Dach des Leopold-Museums. Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek spricht von "synkretischem" und "radikalem Antiradikalismus". Hmmm.

Und irgendwie sind nicht nur einige Kollegen in der Architektenschaft, sondern auch die beiden Ortner-Brüder selbst überrascht, dass sie nun mit dem Großen Österreichischen Staatspreis 2020 ausgezeichnet werden. "Für unsere visionären Projekte von damals kommt der Preis irgendwie zu spät", sagen sie, die in der Freizeit gerne skifahren und gärtnern. "Warum ausgerechnet jetzt? Keine Ahnung, aber wir freuen uns!" Der große Traum für die Zukunft jedenfalls ist die Erfindung von schwarzem Licht: "Am liebsten würden wir einen Schalter betätigen, dann wäre es untertags auf Anhieb dunkel und düster." So zappenduster wie die Juryentscheidung zum Staatspreis. (Wojciech Czaja, 3.4.2020)