Der Historiker und Publizist Peter Huemer plädiert im Gastkommentar für eine Neuaufstellung des Hauses der Geschichte.

Seit das Haus der Geschichte Österreich (HdGÖ) 2018 in der Wiener Hofburg eröffnet wurde, ist seine Zukunft ungewiss. Daran hat sich nichts geändert. Im Gegenteil, das Problem hat sich verschärft. Das Kunsthistorische Museum will die Räume zurückhaben, aber andere gibt es – jedenfalls zurzeit – nicht. Und an einen Neubau zu denken ist angesichts der absehbaren ökonomischen Folgen der Corona-Krise gegenwärtig Illusion. Dazu kommt: Zwar haben die ressortzuständigen Grünen die Chance, bei der Fortführung eines interessanten Projekts mitzuwirken, es sieht aber so aus, als wüssten sie noch nicht recht, wie. Weil dort die Meinungen auseinandergehen.

Das Haus der Geschichte Österreich zur Kreisky-Peter-Wiesenthal-Affäre 1975.
Foto: APA / Robert Jäger

Fest steht, dass das HdGÖ in Zukunft mehr sein muss als eine Ausstellung – auch wenn diese, obwohl zu vollgeräumt aus Platzmangel, gelungen ist und schon im ersten Jahr von deutlich mehr als 100.000 Menschen besucht worden ist. Das heißt, das HdGÖ braucht Platz. Aber wo? Da gäbe es den alten Ostermayer-Plan, der schon einmal an der Sammlung alter Musikinstrumente zerschellt ist. Den könnte man reanimieren, weil vieles dafürspricht, obwohl er ebenfalls eine Schmalspurvariante ist. Allerdings: Sollte sich Ulrike Lunacek darauf einlassen, muss sie sich klar sein, dass ihr ein besonders giftiger, intrigenreicher Kampf bevorsteht. "Kulturlos" und "Schande" ist das Mindeste, was ihr entgegenschallen wird. Zudem müsste sie für die Instrumentensammlung einen anderen Platz finden.

Originale Objekte

Zurzeit gibt es, aus der Not geboren, die Überlegung, das HdGÖ mit dem Heeresgeschichtlichen Museum im Arsenal zu verbinden, da dieses ohnehin inhaltlich stark überarbeitet werden soll. Hier handelt es sich allerdings um eine besonders skurrile Idee, die österreichische Geschichte mit der Heeresgeschichte des Landes zu verknüpfen. Zudem wäre ein Gebäude, das als "Ruhmeshalle" des österreichischen Militärs errichtet worden ist, als Standort für das HdGÖ nicht besonders empfehlenswert.

Ein anderer Aspekt: Seit langem gibt es die berechtigte Frage, ob nicht Nationalmuseen heute längst überholt sind. Dafür spricht theoretisch vieles, praktisch spricht dagegen, dass zum Beispiel das vor vierzehn Jahren eröffnete Deutsche Historische Museum in Berlin ein großer Publikumserfolg ist und das Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn ebenso. Es ist offensichtlich, dass Menschen didaktische Museen dieser Art lieben. Sie wollen originale Objekte sehen, sozusagen zum Angreifen und mit entsprechender Erläuterung.

Nicht nur virtuelle Präsenz

Genau das spricht auch gegen den seit mehr als zwei Jahrzehnten diskutierten Vorschlag, die Raumfrage überhaupt zu vergessen und das Museum als digitale Plattform anzulegen mit dem Vorteil, dass hier Veränderungen und Ergänzungen am schnellsten möglich sind. An der Erwartungshaltung eines breiteren interessierten Publikums geht das aber vorbei. Daneben ist jedoch sinnvoll, dass das wie alle Museen zurzeit geschlossene HdGÖ nun eine Ausstellung Elf neue Perspektiven auf 1945 ins Netz stellt. Denn natürlich muss das Museum virtuell stark präsent sein, aber eben nicht nur. Das löst die Raumfrage nicht.

Im derzeitigen Regierungsprogramm kommt das HdGÖ nicht vor. In der vorangegangenen Regierung gab es die Absichtserklärung, das Haus dem Parlament zuzuordnen. Ob das noch gilt, ist – wie fast alles – unklar. Sicher ist: Sollte es dazu kommen, darf das HdGÖ keine Spielwiese für den Parlamentspräsidenten werden. An sich ist das selbstverständlich, aber es festzustellen schadet nicht.

Radikalste Variante

Viel Fantasie wird noch erforderlich sein. Die von Minister Gernot Blümel 2019 bestellte Evaluierungskommission für das HdGÖ kam zum Ergebnis: Mehr Platz, mehr Geld! Wesentlich mehr. Stimmt! Daraus resultiert jedoch als Gefahr die radikalste Variante: Wenn das aber nicht gelingt, wenn es keine wirklich brauchbaren Voraussetzungen in diesem Sinne gibt, dann lassen wir es lieber ganz bleiben.

Nun gibt es aber nach jahrzehntelangem Hin und Her endlich dieses Museum, wenn auch auf Schmalspur. Es wieder abzudrehen wäre ein Fehler. (Peter Huemer, 6.4.2020)