Im Freien gilt bei Spaziergängen etwa in Parks die Ein-Meter-Abstand-Regel. Verstößt man dagegen, kann die Polizei strafen. So weit, so klar. Unklar ist noch, ob private Osterfeste in den eigenen vier Wänden mit bis zu fünf Besuchern erlaubt sind oder nicht.

Foto: Christian Fischer

Frage: Der Ostererlass hat für reichlich Verwirrung und Kritik gesorgt. Warum?

Antwort: Das Gesundheitsministerium unter Minister Rudolf Anschober (Grüne) verfasste bereits am 1. April einen Erlass, der an die Landeshauptleute ging. "Im Hinblick auf die geänderte Gefährdungssituation" wurden die Bezirksverwaltungsbehörden angewiesen, größere Zusammenkünfte rund um das Osterfest zu untersagen. Konkret dürfen Treffen in einem geschlossenen Raum, "an denen mehr als fünf Personen teilnehmen, die nicht im selben Haushalt leben", nicht stattfinden. Damit ist laut Gesundheitsministerium aber auch möglich, dass sich zehn Personen oder mehr in einem Raum aufhalten: Wenn zum Beispiel fünf Personen in einem Haushalt leben – und weitere fünf Personen dazukommen.

Frage: Welchen Effekt hatte der Erlass am Wochenende?

Antwort: Wohl nicht den gewünschten. Für viele Menschen entstand der Eindruck, es sei in Ordnung, bis zu fünf Menschen nach Hause einzuladen. Zuvor waren viele davon überzeugt, dass dies ohnehin nicht erlaubt sei. Der Versuch einer juristischen Verschärfung führte also paradoxerweise zum Eindruck einer Lockerung.

Frage: Und was war die eigentliche Intention hinter dem Erlass?

Antwort: Die Regierung warnt immer wieder vor der Gefahr, dass sich das Virus an den Osterfeiertagen wieder stärker verbreiten könnte. Sie fürchtet, dass nach Wochen der Isolation die Disziplin bei der Bevölkerung nachlässt und Familienfeste stattfinden könnten. Denn die Zahlen sehen derzeit gut aus. Anschober gab am Sonntag aber den Appell aus: "Keine privaten Osterfeiern und Osterfeste." Mit dem Erlass wollte man eine Handhabung gegen Zusammenkünfte im privaten Raum schaffen, die derzeit nicht dezidiert verboten sind. Anschober kündigte für Montag eine rechtliche Gesamtregelung an und entschuldigte sich für die Verwirrungen durch seinen Erlass.

Frage: Wie wird diese Gesamtregelung aussehen?

Antwort: Noch werde an der "legistischen Finalisierung" gearbeitet, wie es am Sonntagnachmittag aus Anschobers Büro hieß. Ob der Passus erhalten bleibt, wonach sich bis zu fünf Personen in einem Raum aufhalten dürfen, die nicht im selben Haushalt leben? "Das kann ich nicht sagen", sagte ein Sprecher von Anschober dem STANDARD. Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk bezweifelt, dass ein neuer Erlass, der auf dieselbe Art und Weise gestaltet sei wie der alte, sich im rechtsstaatlichen Rahmen bewegen würde. Eine Grundlage für das "Nachschauhalten in Wohnungen" seitens der Polizei ohne konkrete Gefährdung oder Hausdurchsuchungsermächtigung gebe es nicht.

Frage: Aber wie ging die Polizei bisher gegen Corona-Partys vor?

Antwort: Wie in normalen Zeiten auch kann die Polizei vorbeikommen, wenn sie – etwa aufgrund von Lärmbelästigung – gerufen wird. Aber selbst wenn sie feststellt, dass haushaltsfremde Personen mitfeiern, folgt daraus nicht, dass diese wegen Verstößen gegen die Corona-Verordnung bestraft werden. Das sei eine "strittige Frage", heißt es aus dem Innenministerium dazu. Im speziellen Fall einer lärmerregenden Gruppe sei ein Verstoß laut Innenministerium hingegen klar gewesen: Diese Personen hatten der Polizei freimütig erzählt, dass sie im Pulk von zehn über öffentliche Wege in eine fremde Wohnung zum Feiern gekommen waren. Für diese Ehrlichkeit setzte es eine Anzeige aufgrund der Corona-Verordnung.

Frage: Was darf man derzeit eigentlich?

Antwort: Grundsätzlich ist das Betreten des öffentlichen Raumes verboten. Es wurden aber fünf Ausnahmen festgelegt: Darunter fallen Situationen, in denen eine Gefahr für Leib, Leben oder Eigentum besteht. Auch die Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen stellt eine Ausnahme dar. Erlaubt ist zudem, in die Arbeit zu fahren oder Lebensmittel und Medikamente zu besorgen – sofern zu anderen Personen ein Mindestabstand von einem Meter eingehalten wird. Als fünfter Punkt wurde festgelegt, dass es legitim ist, ins Freie zu gehen – solange man dies alleine, mit den Personen, die im gleichen Haushalt leben oder seinem Haustier tut.

Frage: Was darf man unternehmen?

Antwort: Es gibt keine Beschränkung in Bezug auf die Art der Aktivität, die im öffentlichen Raum erlaubt ist, solange man sich an die Ein-Meter-Abstand-Regel hält. Ebenso gibt es keine zeitliche Beschränkung. Dezidiert untersagt ist allerdings in dem Zusammenhang, öffentliche Verkehrsmittel zu verwenden.

Frage: Wie sieht es mit Strafen aus?

Antwort: Seit Tagen macht Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) deutlich, dass die Polizei jedenfalls mit der "nötigen Härte" gegen etwaige Verstöße vorgehen werde. Alleine am Samstag hagelte es bundesweit knapp 1200 Anzeigen, 529 davon in Wien. Tirol (258 Anzeigen) folgte auf Platz zwei. Zumeist war der nicht ausreichend sichergestellte Mindestabstand im Freien der Grund. Zumindest bisher dürften die berüchtigten Corona-Partys jedenfalls nicht allzu große Probleme bereitet haben: Zu diesen komme es nämlich "Gott sei Dank nur vereinzelt", teilte Nehammer mit.

Seit dem Inkrafttreten des Covid-19-Maßnahmengesetzes wurden österreichweit bisher 16.400 Anzeigen verhängt. Die Höhe der Geldbußen reicht bis zu 3600 Euro. Doch die Vorwürfe, es komme zu überbordenden Polizeikontrollen, mehren sich: In Wien erhielt etwa ein Mann eine Strafe von 500 Euro, weil er am Donaukanal auf einer Bank saß und den Mindestabstand zu Spaziergängern nicht eingehalten habe. Der Magistrat Wien als Strafbehörde stellte nach Kritik und nach Rücksprache mit der Polizei das Verfahren ein. (Theo Anders, Vanessa Gaigg, David Krutzler, 5.4.2020)