Viel Applaus derzeit – und was soll davon bleiben?

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Aktuell sind "typische" Frauenberufe sichtbarer denn je. Die Krankenschwester, die unermüdlich arbeitet, die Supermarktkassiererin, die auch zum 1.000 Kunden freundlich ist und die Pädagogin, die auf die Kinder derjeniger aufpasst, die jetzt draußen im Einsatz sind. Sie haben es sicherlich schon gelesen. In der Coronakrise halten hauptsächlich Frauen das System am Laufen. Über 70 Prozent der Beschäftigten im Lebensmitteleinzelhandel, Sozialversicherung, Krankenhäuser und Kindergärten sowie Volksschulen sind Frauen. Ihr Beitrag in der Gesellschaft wird aktuell sichtbarer denn je zuvor.

Viele applaudieren und sprechen ihre Wertschätzung für die "Helden und Heldinnen der Coronakrise" aus. Das ist gut und richtig so. Endlich erfahren diese Branchen, die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Bei all dieser Frauenpower, die hier aktuell sichtbar wird, stellt sich allerdings die Frage: warum war sie es davor nicht? Warum feiern wir erst jetzt all die Frauen, die uns täglich versorgen? Historisch gesehen bringt die Gesellschaft diesen typischen "Frauenberufen" nur wenig Aufmerksamkeit entgegen. Das sieht man auch im Gender Pay Gap.

Entscheidend ist der Blick in die Zukunft. Die Coronakrise wird irgendwann vorbei sein. Keiner kann genau sagen wann und wie schnell wir wieder zur Normalität zurückkehren werden, aber der Zeitpunkt wird kommen. Welchen Effekt wird dieses Erlebnis in der Bewertung dieser Berufe für uns haben? Wäre es nicht gerechtfertigt einer Kindergärtnerin das gleiche Gehalt zu zahlen wie einem Mechaniker?

Warum sollte die Coronakrise an all dem etwas ändern? Von alleine tut sich sicher nichts. Wann immer sich gesellschaftspolitisch etwas ändert, ist es die Anstrengung einer Gruppe für ihre Meinung einzustehen und eine Änderung herbeizuführen. Es liegt einmal mehr bei all den Frauen und Männern, die sich eine Geschlechtergleichheit und wirtschaftliche Gleichheit wünschen, gerade jetzt diese Aufmerksamkeit zu nutzen.

Frauenpower sichtbar machen

Diese Frauenpower, die wir jetzt im ganzen Land sehen, war immer schon da. Wenn die nicht vorhandene Gleichstellung der Geschlechter in unserer Gesellschaft ein Thema der Sichtbarkeit ist, dann ist jede/r von uns gefragt, dies zu ändern.

Neben der Gehaltsschere gibt es einen weiteren Gap: jenen der wahrgenommenen und tatsächlichen Kompetenz von Frauen. Die aktuelle Situation ist der beste Beweis dafür, dass Frauen schon alles haben, was sie brauchen. Sie brauchen nicht mehr Selbstbewusstsein, Durchsetzungsfähigkeit oder auch keine zusätzliche Weiterbildung. Es geht darum, die errungen Leistungen ins Rampenlicht zu holen, sichtbar zu machen und die Leistungen auch in den Köpfen der Gesellschaft als Erfolg zu verankern. Es geht darum nie mehr zu vergessen, dass Österreich auf den Schultern von starken Frauen getragen wird. In jedem Land der Welt arbeiten Frauen mehr als Männern – zwar nicht am Gehaltszettel sichtbar, aber als Summe der bezahlten und unbezahlten Arbeit, die sie leisten.

Unbewussten Vorurteilen entgegenwirken

Wie sprechen wir über die Frauen in unserem Leben? Bringen wir sie mit Erfolg, Karriere und Geld in Verbindung? Oder sind es eher Begriffe wie Liebe, Familie und Zuhause? Fakt ist, wir haben unterbewusste Vorurteile gegenüber erfolgreichen Frauen. Sie kommen als Vorbilder kaum in unserer Gesellschaft vor. Jetzt ist die Zeit der Heldinnen gekommen – bauen wir ihnen ein Denkmal. Was finden Sie selbst ganz bemerkenswert an diesen Frauen? Sprechen wir über sie und all die anderen weiblichen Role Models. Die Devise ist: lieber einmal zu viel als zu wenig. Holen Sie Frauen bei jeder Gelegenheit vor den Vorhang. (6.4.2020)