Freizeitathleten sollten beim Krafttraining versuchen, möglichst gleichmäßig zu atmen.

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Fitnessstudios haben zwar derzeit geschlossen, aber die meisten erinnern sich vermutlich an jene Sportler, die beim Training so laut und stoßweise atmen, dass man sie im ganzen Studio hören kann. Die Atemtechnik nennt sich Pressatmung. Vor dem Heben der Gewichte wird eingeatmet, dann die Luft angehalten. Die Technik ist bei Bodybuildern beliebt.

Allgemein ist dieses stoßweise Atmen eher nicht zu empfehlen. "Die Pressatmung sollte vermieden werden", sagt der Sportwissenschafter Heinz Kleinöder von der Deutschen Sporthochschule Köln. Dabei kommt es nämlich zu Blutdruckspitzen, die besonders für ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen riskant sein können. "Teilweise geht der Blutdruck dabei in utopische Höhen", sagt Kleinöder. "Wenn das Gefäßsystem nicht mehr taufrisch ist, kann da schon etwas passieren."

Das kann von Schwindel bis hin zur Ohnmacht reichen – im Extremfall können bei solchen Blutdruckspitzen aber auch Aneurysmen platzen oder es kann zu einem Schlaganfall kommen.

Stabilisation des Körpers

Bodybuilder wiederum machen sich die Pressatmung zunutze. Durch das Anhalten der Luft stabilisiert sich ihr Körper. Das ist beim Arbeiten mit extrem hohen Gewichten wichtig. Dafür steigt auch bei ihnen der Blutdruck, und es fließt weniger Blut zum Herzen. "Dem Bodybuilder macht das aber nichts", betont Kleinöder. Voraussetzung ist aber ein gesundes Gefäßsystem.

Für Freizeitsportler gibt es andere Regeln. Hier gilt: " Wenn's schwer wird, ausatmen, wenn's leichter wird, einatmen", sagt Kleinöder. Das bedeutet beim Krafttraining je nach Übung beispielsweise: Wird das Gewicht nach oben gestemmt, wird ausgeatmet. In der exzentrischen Phase, in der das Gewicht wieder abgesenkt wird, wird eingeatmet.

Ganz wichtig: "Grundsätzlich sollte man darauf achten, beim Krafttraining regelmäßig zu atmen", sagt Kleinöder. Ein häufiges Problem ist nämlich: Das Atmen beim Krafttraining empfinden viele als nicht intuitiv. "Ich merke das sogar bei meinen Sportstudenten", sagt Kleinöder. Viele geraten beim Krafttraining in Stress und vergessen bei der Übung ans Atmen.

Häufige Folgen davon sind ein roter Kopf oder plötzlich auftretender Schwindel. Das seien klare Signale, dass man etwas falsch macht. Kleinöder rät dann dazu, die Gewichte zu reduzieren – und bewusster auf seine Atmung zu achten.

Training mit dem Körpergewicht

Viele Menschen trainieren aktuell zu Hause, weil die Fitnessstudios geschlossen sind. Auch beim Training mit dem eigenen Körpergewicht sollte man richtig atmen, betont Kleinöder. Durch das bewusste Aus- und Einatmen entstehe ein Rhythmus für das Work-out.

Auch bei den Klassikern unter den Eigengewichts-Übungen – etwa Liegestütz oder Plank – komme man relativ leicht in die Pressatmung, sagt Kleinöder. Er rät aber: "Auch die letzte Wiederholung sollte mit regelmäßiger Atmung ausgeführt werden."

Das geht, ist er überzeugt. Daheim im Wohnzimmer ganz ohne Zuschauer vielleicht sogar eher als im Fitnessstudio. Denn so manche Pressatmung scheint funktional zwar überflüssig, sagt Sportwissenschafter Kleinöder. Nachsatz: "Aus Showgründen scheint sie manchmal aber erforderlich zu sein." (Franziska Zoidl, 13.4.2020)