Siegmund Gruber, der Präsident des LASK, hat sich weit aus dem theoretischen Fenster gelehnt. Im ORF Sport bekundete er Sympathien für die Entscheidung der Belgier, die Saison wegen der Coronavirus-Pandemie als erste Fußball-Profiliga in Europa abzubrechen und Spitzenreiter Club Brügge zum Meister zu erklären. Bei einem ähnlichen Schritt in Österreich könnte sein Klub als aktueller Tabellenführer den Titel zugesprochen bekommen. "Wir haben Hin- und Rückrunde gespielt, den Grunddurchgang beendet. Meine Meinung gebe ich in den zuständigen Gremien ab." Es gebe derzeit aber wichtigere Dinge zu klären als die Frage des Auf- oder Abstiegs. Diejenigen, die sich von der später getroffenen Entscheidung benachteiligt fühlen würden, hätten die Möglichkeit, "juristische Schritte" zu setzen, sagte Gruber, der Mitglied des Bundesliga-Aufsichtsrates ist.

LASK-Präsident Gruber ist für die belgische Lösung.
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Club Brügge, 15 Punkte voran, wurde bereits eine Runde vor Schluss des Grunddurchganges und noch vor dem Playoff zum Champion bestellt. An der von Aleksander Ceferin, dem Chef des europäischen Verbandes Uefa, ausgesprochenen Drohung eines Europacup-Ausschlusses der Belgier übte Gruber heftige Kritik. "Wahrscheinlich geht es dem Herrn Ceferin eher darum, sein Gehalt von 1,6 Millionen zu verdienen." Das Bestreben, den Spielbetrieb trotz der Pandemie frühestmöglich wieder zu starten, gehe von den großen, finanzstarken Ligen aus. "Die Solidarität ist dort, wo das große Geld zu Hause ist. Wenn die großen Ligen glauben, sie müssen unbedingt fortsetzen, ich bin anderer Meinung. Der Fokus ist nicht darauf, dass wir Fußball spielen." Gruber hatte es übrigens als Frechheit empfunden, dass der LASK am 12. März in der Europa League gegen Manchester United (0:5) im leeren Linzer Stadion kicken musste. Allerdings hat sich der 46-Jährige später für seine Aussage entschuldigt.

Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund will eine sportliche Entscheidung: "Das Zeitfenster ist groß."
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Die Bundesliga hält am 16. April eine weitere Videokonferenz ab. Für leichte Verwirrung sorgte am Montag die Bundesregierung mit der Ankündigung, Veranstaltungen würden in Österreich bis Ende Juni nicht gestattet. Ob Geisterspiele in die Rubrik "Veranstaltung" fallen, weiß die Liga nicht. Möglicherweise schafft Sportminister Werner Kogler bei der nächsten Pressekonferenz Klarheit. Der Vizekanzler hatte ja am Samstag eine baldige Aufnahme des Trainingsbetriebs für Profisportler in kleinen Gruppen und ohne Körperkontakt in Aussicht gestellt. In Deutschland wird das bereits praktiziert. Ein Sprecher von Kogler deutete an, dass Geisterspiele nicht völlig auszuschließen seien.

Rapids Wirtschaftsgeschäftsführer Christoph Peschek setzt auch auf den Faktor Zeit.
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Großes Zeitfenster

Gruber steht mit seiner Meinung relativ allein da. Christoph Freund, der Sportvorstand von Titelverteidiger RB Salzburg, sagte dem STANDARD: "Wie besprechen das intern, wollen die Saison möglichst sportlich beenden. Das Zeitfenster ist groß." Er werde sich an Spekulationen nicht beteiligen. "Unser Job ist, wenn es geht, Fußball zu spielen. Die Leute wollen gerade in schwierigen Zeiten unterhalten werden. Zumindest im Fernsehen."

Christoph Peschek, der Wirtschaftsgeschäftsführer von Rapid, setzt im Gespräch mit dem STANDARD ebenfalls auf den Faktor Zeit. Man könne laut Uefa ja auch erst im Juli oder im August fortsetzen. "Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren. Es ist eine Ausnahmesituation für alle, für einige ist sie sogar existenzbedrohend, dauerhaft für alle." "Bei allen Überlegungen ist die Gesundheit das Wichtigste." Er möchte die Meisterschaft, also die fehlenden zehn Runden, unbedingt einer sportlichen Erledigung zuführen. Ein Abbruch könne nur seitens der Behörden verordnet werden. "Tritt dieser Worst Case ein, muss man Lösungen finden." In diesem Fall könne er, Peschek, sich vorstellen, den Grunddurchgang zu werten. "Es hat ja jeder gegen jeden zweimal gespielt, es ist ein Spiegelbild der Leistungen. Dann würden danach die internationalen Startplätze vergeben." Die Tabelle aus dem Vorjahr zu verwenden "ist eine wirre Idee". Rapid, damals nur Siebenter, ist momentan hinter dem LASK und Salzburg Dritter. Und somit fix in der Europa League. (Christian Hackl, 6.4.2020)