Wie auf der Ansichtskarte zu erkennen ist, sind die Oberkreuzstettner gesellig.

Foto: F.Salek, Kreuzstetten

Mein Weinviertel ist nicht weit weg. Von meiner Wahlheimat Wien kommend, bin ich in einer Dreiviertelstunde da. Wenn ich die Straße über den Ochsenberg nehme, habe ich einen wunderschönen Blick auf die sanften Hügel, Weingärten, Felder und das in die Senke geschmiegte Dorf Oberkreuzstetten. Ich kenne fast jede Flurbezeichnung, denn ich habe große Teile meiner Kindheit und Jugend hier verbracht.

Jedes Wochenende fuhren meine Eltern mit uns "raus" ins Weinviertel zu den Großeltern. Die Sommerferien war ich fast zur Gänze da. Ich arbeitete, wie alle Kinder aus dem Dorf, auf den Feldern meiner Familie mit.

Sobald wir groß genug waren, die Pedale zu erreichen, durften wir mit dem alten, kleinen Traktor von Opa langsam übers Feld zuckeln. Erster Gang, Kupplung, Bremse, anfahren, stehen bleiben, anfahren – bis alle "Strohbinkerln", wie wir Weinviertler die Strohballen nennen, auf den Wagen verladen waren.

Ferien im Dorf

Die Ferien im Dorf waren für uns Kinder aber nicht nur Arbeit, sondern vor allem Freiheit. Wir konnten den ganzen Tag herumstreifen, in den Stadeln spielen, mit dem alten, zu großen Waffenrad in den nächsten Ort ins Freibad fahren. Wenn wir hungrig waren, kamen wir von ganz allein wieder nach Hause. Noch heute riecht Sommer für mich nach abgeernteten Getreidefeldern.

Wie auf der Ansichtskarte zu erkennen ist, sind die Oberkreuzstettner gesellig. Die Kellergasse war schon in meiner Jugend ein beliebter Treffpunkt. Am Stammtisch, neben dem Kachelofen, überbrückte die männliche Dorfbevölkerung sonntags die Zeit zwischen der Messe und dem Mittagessen. Der Wirt hat mittlerweile geschlossen. Die Kellergasse jedoch wurde renoviert und ist jetzt ein Schmuckstück.

Ich bin so oft wie möglich in meiner Heimat: bald wieder für einen Osterspaziergang durch die Kellergasse – mit Abstand. (Helga Gartner, RONDO, 11.4.2020)