Seit kurzem brauche ich keinen Wecker mehr. Mich reißt kein Gepiepse mehr aus dem Schlaf, kein Radiowecker durchkreuzt meine REM-Phase. Dafür läutet jeden Morgen mein Handy. Seit ich meine Familie nicht mehr im echten Leben besuchen kann, bekomme ich energetisierende Facetime-Weckrufe von Emma und Rosa, meinen beiden Nichten, die fast drei bzw. sechs Jahre alt sind. Was ich dadurch gelernt habe: Kinder sind schon sehr früh sehr munter. Und ob ein Wochentag oder Sonntag ist, ist ihnen herzlich egal.

Emma, Rosa und Puppe Lina, die seit kurzem Mundschutz trägt, sorgen dafür, dass ihre Tanten früh auf den Beinen sind.
Foto: Zoidl

"HABEN WIR DICH AUFGEWECKT?", brüllen die beiden also jeden Morgen – zeitlich leicht verzögert – ins Handy von Mama oder Papa. Und brechen in Jubel aus, wenn sie es (wie jeden Tag) geschafft haben, mich aufzuschrecken. Ich bin ihnen dafür sogar dankbar: Nach so einem Weckruf bin ich nämlich wirklich munter, Snoozing impossible.

Das Handy wird dann an die Kaffeekanne auf dem Küchentisch gelehnt, und wir frühstücken mit Emma und Rosa. Das ist nichts für Morgenmuffel: Oft schnappt sich erst die eine das Handy und läuft damit durch die Wohnung, um uns ganz schnell etwas Wichtiges zu zeigen. Dann luchst es ihr die andere ab und präsentiert uns etwas Neues. Motion-Sickness am Frühstückstisch ist ein bisher kaum beleuchtetes Phänomen.

Tschüss Baba im Interspar

Emma und Rosa zeigen uns ihren Playmobil-Banditen, der unlängst einen schweren Unfall hatte und einen Fuß verlor (ja, wirklich, sie hörten das Plastikteil noch die Kellerstiege hinunterfallen). Wir sehen den Papa, der jetzt, wo die Tanten endlich munter sind, wieder eingeschlafen ist. Und parlieren mit den Puppen namens Lina, Finn und Juna, die mittlerweile Mundschutz tragen.

Mit "TSCHÜSS BABA IM INTERSPAR" verabschieden sich die zwei dann. "Morgen wecke ich euch auf", kündige ich an. Und weiß, dass sie mir wieder zuvorkommen werden. Am Ende legt Rosa auf, das ist die goldene Regel. Sonst muss sie uns gleich noch einmal anrufen. (Franziska Zoidl, 8.4.2020)