Als Sars-CoV-2 unausweichlich wurde, trat die Bundesregierung fest auf die Bremse.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

"Schnell und restriktiv" hat Bundeskanzler Sebastian Kurz Österreichs Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus genannt. Dem Tempo und der Härte der Eingriffe sei es demnach auch zu danken, dass die Corona-Krise hierzulande bisher weniger dramatisch als befürchtet verlaufen sei und deswegen bald schon die ersten Lockerungen erfolgen können.

Über die Effektivität einzelner Maßnahmen lässt sich zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren – aber die Frage nach dem Tempo und der Härte der erfolgten Eingriffe lässt sich jetzt schon beantworten.

Um das zu tun, benutze ich die Daten des "Covidtrackers", einer Forschungsinitiative der Universität Oxford, die die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung Tag für Tag und Land für Land aufschlüsselt: Wann wurden die Schulen geschlossen? Wann Versammlungen verboten? Wann welche Ausgangsbeschränkungen verhängt? Diese und ähnliche Daten werden dann zu einem Index von 0 bis 100 zusammengefasst – je höher, desto strenger die Maßnahmen (Details zur Indexberechnung findet man hier).

Die Grafik unten zeigt auf der vertikalen Achse das bisher pro Land erreichte Restriktivitätsmaximum. Österreich liegt hier mit einem Wert von 95 klar im oberen Bereich. Nur Slowenien und Kroatien weisen höhere Werte auf.

Auf der horizontalen Achse sehen wir, wie viele Tage zwischen dem letzten Tag ohne Maßnahmen und dem ersten Tag, an dem das bisherige Maximum erreicht wurde, liegen. In Österreich etwa traten laut Covidtracker die ersten relevanten Bestimmungen am 24. Februar in Kraft, die bisher maximale Restriktivität wurde erstmals am 16. März erreicht. Dazwischen liegen 22 Tage – der Wert, der für Österreich auf der x-Achse angegeben wird. (Natürlich könnte man auch andere Startzeitpunkte wählen, etwa den Tag, an dem eine bestimmte Zahl an positiv Getesteten oder Todesfällen überschritten wurde.)

Links oben in der Grafik liegen demnach jene Staaten, die sehr schnell sehr restriktive Maßnahmen eingeführt haben. Und da gehört Österreich zweifellos dazu. Nur zwei andere Länder haben eine noch heftigere Vollbremsung hingelegt: Tschechien hat dasselbe Restriktivitätsniveau wie Österreich in nur 16 Tagen erreicht, Slowenien hat in nur 17 Tagen gar von 0 auf 100 geschaltet.

Die Rede des Bundeskanzlers vom schnellen und restriktiven Handeln hält einer empirischen Prüfung bis dato also stand (sieht man einmal von Ereignissen wie in Ischgl ab, die jedenfalls noch einer eingehenden Untersuchung bedürfen). Eine ganz andere – und zugegebenermaßen deutlich wichtigere – Frage ist natürlich, ob die Strategie der Vollbremsung am Ende die richtige Balance zwischen gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Abwägungen trifft. Die Antwort darauf wird aber sicher noch länger auf sich warten lassen. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 8.4.2020)