Das polnische Parlament, gesehen durch eine EU-Flagge.

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Warschau/Luxemburg – Im Streit um ihre Justizreformen hat die polnische Regierung eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlitten. Die Richter in Luxemburg gaben am Mittwoch einem Antrag der EU-Kommission auf eine einstweilige Verfügung statt, wonach die Anwendung eines Gesetzes zur Disziplinierung von Richtern in Polen ausgesetzt werden muss.

Schlüsselelement der von der nationalkonservativen PiS-Regierung initiierten Justizreform ist die sogenannte Disziplinarkammer. Das Gremium kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen. Die Kammer wurde bislang mit zehn Mitgliedern besetzt; die meisten sind Staatsanwälte und PiS-nahe Juristen. Nun urteilte der EuGH, dass diese Kammer nicht unabhängig sei und daher europäisches Recht verletzte.

Senkung des Pensionsantrittsalters bereits im November kassiert

Eine Stellungnahme der polnischen Regierung lag zunächst nicht vor. Vizejustizminister Sebastian Kaleta sprach dem EuGH auf Twitter das Recht ab, auf diese Weise in die Verfassungsorgane der Mitgliedsstaaten einzugreifen. Dies sei eine Verletzung der polnischen Souveränität.

Die polnische Regierung ist bereits mehrmals mit der EU-Kommission wegen umstrittener Justizreformen aneinandergeraten. Im November kassierte der EuGH eine Senkung des Pensionsalters für Richter wie auch die Einführung eines unterschiedlichen Pensionsalters für Männer und Frauen in der Justiz. Die Kommission wirft Polen vor, die Unabhängigkeit der Gerichte zu untergraben und damit den Rechtsstaat zu untergraben. Die polnische Regierung argumentiert, sie wolle die Effizienz des Justizsystems verbessern. (APA, Reuters, red, 8.4.2020)