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Besuche bei Familie und Freunden werden besonders vermisst – aber das wird wohl ebenso nachgeholt wie Besuche in Biergärten, Shoppingcentern und womöglich auch bei Reisen.

Foto: AP/Victoria Jones

Linz/Wien – Die gute Nachricht zuerst: "Meine Familie ist bisher halbwegs gut durch die Corona-Krise gekommen." Dieser Aussage, die das Linzer Market-Institut Anfang der Woche 800 Wahlberechtigten vorgelegt hatte, stimmten 57 Prozent voll (entsprechend der Schulnote Sehr gut) zu, nur ein Prozent gab einen Fünfer, die Durchschnittsnote liegt bei 1,56. Und das, obwohl die Befragten durchaus von Sorgen bedrückt werden:

  • 21 Prozent stimmen vollständig (Note 1), weitere 28 Prozent stark (Note 2) der Aussage zu, viele Arbeitsplätze würden für immer verlorengehen. Nur fünf Prozent glauben das gar nicht – Durchschnittsnote 2,51. Menschen mit einfacher Bildung machen sich die größten Sorgen.
  • Dass man selbst oder jemand anderer in der Familie von Arbeitslosigkeit betroffen sein könnte, fürchten zwölf Prozent mit Note 1, weitere acht Prozent mit Note 2. Umgekehrt fürchten 41 gar nicht, von Arbeitslosigkeit betroffen zu werden – Durchschnittsnote 3,73. Auffallend ist, dass erklärte Anhänger von ÖVP, Grünen und Neos die größte Zuversicht hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit zeigen.
  • Anhaltend großes Lob – mit dem Notenschnitt 1,82 – gibt es für die Regierung, diese habe die richtigen Maßnahmen gesetzt. 49 Prozent geben dafür sogar ein Sehr gut.
  • Ziemlich hohe Zustimmung – 26 Prozent geben einen Einser, 41 Prozent einen Zweier auf der fünfteiligen Notenskala – erhält die Aussage: "Österreich wird die Krise besser überstehen als andere Länder." Besonders hohe Zuversicht äußern da die bekennenden ÖVP-Wähler.

Relevant ist vor allem, welche Folgen die Krise jenseits der schwer abzuschätzenden Arbeitsplatzeffekte haben wird.

Der Biergarten lockt

DER STANDARD ließ dazu eine Reihe von Aussagen nach dem Schulnotensystem bewerten. "Hier zeigt sich, dass die Konsumenten eine Reihe von Nachziehkäufen planen, was einer Erholung der Wirtschaft zugutekommen könnte", sagt Market-Institutsleiter David Pfarrhofer: "Ein gutes Drittel der Befragten sagt uns, dass ihnen die Besuche in Lokalen, Restaurants und Gastgärten besonders abgehen. Das sagen besonders die jüngeren, höher gebildeten, kaufkräftigen Befragten."

Diese Befragten stünden (mit anderer Fragestellung abgefragt) auch schon bereit, auszugehen und Geld auszugeben, sobald das wieder erlaubt ist. In Zahlen:

  • 16 Prozent stimmen vollständig (Note 1), weitere 21 Prozent stark (Note 2) der Aussage zu, sie würden Gastronomiebesuche nachholen.
  • Die Einschränkungen, einkaufen zu gehen, wo man will, beklagt rund ein Drittel der Befragten. Zweite Aussage dazu: "In der Corona-Krise habe ich weniger eingekauft, das hole ich nach, wenn es wieder möglich ist" – dem stimmen Frauen etwas stärker zu als Männer, Die Top-Noten 1 und 2 vergibt rund ein Viertel der Bevölkerung.
  • Stärker ist der Wunsch, wieder verreisen zu können: "Wenn Reisen wieder erlaubt sind, möchte ich erst einmal eine Urlaubsreise unternehmen" – das sagen 31 Prozent mehr (14) oder weniger (17) deutlich. Durchschnittsnote 3,25. Besonders von den jüngeren Befragten dürfte es nach Aufhebung der Beschränkungen einen beachtlichen Teil nicht mehr daheim halten.

Nur sechs von 100 Befragten sagen, dass sie ihr Leben nach der Krise vollständig ändern würden, zehn Prozent beklagen schon jetzt größere Sorgen um die eigene finanzielle Situation.

Und auch die allgemeine Zuversicht in eine wirtschaftliche Erholung ist intakt: Der Aussage "In einem Jahr wird die Krise überstanden sein und die Wirtschaft wieder brummen" stimmen 16 Prozent völlig und 27 Prozent mit der Note 2 zu – nur sieben Prozent glauben das gar nicht, weitere zehn Prozent geben die Note 4. Durchschnittsnote 2,62.

Zweifel an der EU

Market hat am Mittwoch auch eine zweite Umfrage veröffentlicht, der zufolge 78 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher glauben, dass Österreich das Coronavirus besser im Griff habe als die meisten anderen Länder in der EU.

Apropos EU: "Wird die EU aus dieser Krise gestärkt und geeinigter hervorgehen, oder wird die EU geschwächt und uneiniger werden?" Darauf sagen 70 Prozent, die EU werde eher geschwächt werden, nur 16 Prozent erwarten eine Stärkung und Einigung. In dieser Frage fällt auf, dass junge Befragte deutlich mehr Hoffnungen mit der EU verbinden als der Rest.

Market-Chef Werner Beutelmeyer: "Das Coronavirus hat vor allem im Europabewusstsein einen schweren Schaden angerichtet und möglicherweise ein politikresistentes Anti-Europa-Gen produziert. Wie dieses neue Misstrauen besiegt werden kann, dürfte eine politische Herkulesaufgabe werden." Ein Blick in seine Daten zeigt nämlich, dass die Befürchtungen hinsichtlich einer Schwächung der EU in allen Parteien ähnlich stark ausgeprägt sind – regional sind sie am stärksten im Burgenland und am relativ geringsten, aber immer noch über 60 Prozent in Tirol, Wien und Niederösterreich.

Mehr Forschung gewünscht

Auch Gallup hat das Meinungsbild der Bevölkerung erhoben: Ein Großteil der Befragten einer repräsentativen Umfrage in den vergangenen Tagen sprach sich für mehr wissenschaftliche Aktivitäten in Sachen Sars-CoV-2 und deren Förderung aus, berichtete Gallup am Mittwoch.

"Mehr als 90 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass sich österreichische Forschungseinrichtungen und Universitäten in der derzeitigen Situation verstärkt auf die Erforschung von Covid-19 konzentrieren (92 Prozent) und von staatlicher Seite zusätzliche Mittel bereitgestellt werden sollen (91 Prozent), damit schneller ein Medikament und eine Impfung gefunden werden", hieß es in einer Aussendung des Meinungsforschungsinstituts. (Conrad Seidl, 8.4.2020)