Vor über 200 Millionen Jahren sorgten Vulkanausbrüche für ein Massenaussterben, heute ist es der Mensch mit seinem Treibhausgasausstoß.
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Vor rund 200 Millionen Jahren, am Übergang vom Triaszeitalter zum Jura, dezimierte ein gewaltiges Massenaussterben gut drei Viertel aller marinen und landlebenden Arten. Dieses verheerende Ereignis ebnete den Dinosauriern den Weg, die rasch die frei werdenden ökologischen Nischen übernahmen und die Erde in den folgenden 135 Millionen dominieren sollten.

Als Ursache für das Aussterben an der Trias-Jura-Grenze halten die meisten Wissenschafter folgendes Szenario für wahrscheinlich: Als Pangaea, der bislang letzte Superkontinent der Erdgeschichte, ab der späten Trias vor rund 230 Millionen Jahren auseinanderzubrechen begann, bildeten sich entlang der Plattengrenzen ausgedehnte Grabenbrüche. Dieses geologische Großereignis ging an der Trias-Jura-Grenze mit der Entstehung der elf Millionen Quadratkilometer umfassenden Zentralatlantischen Magmatischen Provinz (abgekürzt CAMP) einher.

Auswirkungen auf das Klima

Die resultierenden Magmaausflüsse in dieser Region zählten zu den ergiebigsten der bekannten Erdgeschichte. Während der Hauptphase dieses Flutbasalt-Vulkanismus' vor 201,5 Millionen Jahren kam es in relativ kurzer Zeit zu massiven Lavaeruptionen, bei denen auch riesige Mengen von Kohlendioxid, Schwefel und Methan freigesetzt wurden. All das hatte gravierende klimatische Auswirkungen: Eine intensive globalen Erwärmung setzte ein, die Ozeane versauerten und mehr als 75 Prozent aller Arten verschwanden schließlich rasant von der Bildfläche.

Auseinanderbrechende Kontinente, gewaltige Lavaeruptionen – das mag zunächst äußerst dramatisch und als Auslöser für ein Massenaussterben angemessen klingen, doch ein Forscherteam um Manfredo Capriolo von der italienischen Universität Padua hat nun im Fachjournal "Nature Communications" nachgewiesen, dass die Folgen der vulkanischen Aktivitäten vor 200 Millionen Jahren den atmosphärischen Veränderungen der Jetztzeit beängstigend ähnlich sind.

Die Wissenschafter analysierten Gaseinschlüsse in CAMP-Basaltgesteinen, um herauszufinden, wie viel CO2 durch die Vulkanausbrüche freigesetzt wurde. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Eruptionen in mehreren Schüben stattfanden, die jeweils nur einige Jahrhunderte dauerten. "Jede einzelne dieser kurzen und starken Ausbruchsphasen hatte vermutlich schwerwiegende Auswirkungen auf das globale Klima, weil sie die Zeit begrenzten, in der negative Rückkopplungsprozesse der Erwärmung und Versauerung der Ozean entgegen wirken konnten", erklären die Wissenschafter.

Vergleichbar mit künftigen Entwicklungen

Die Forscher schätzen, dass bei jedem Schub etwa die gleiche Menge Kohlendioxid freisetzt wurde, die im 21. Jahrhundert voraussichtlich aus anthropogenen Quellen emittiert wird, was jeweils zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen um mindestens zwei Grad Celsius geführt haben dürfte. "Es ist möglich, dass nur ein einziger vulkanischer Aktivitätsschub das endtriassische Klima wesentlich beeinflusst hat", scheiben die Wissenschafter.

Damit zählen diese Schübe möglicherweise zu den schnellsten Kohlendioxidanstiegen der Erdgeschichte – freilich vor dem aktuellen atmosphärischen Wandel, denn dieser geschieht fünfmal so schnell. Dennoch halten die Forscher die Szenarien für vergleichbar, und damit auch die zu erwartenden Auswirkungen: "Die Klima- und Umweltsituation am Ende des Trias könnten jener sehr ähnlich gewesen sein, die für die nahe Zukunft erwartet wird", vermutet das Team um Capriolo.

Welche konkreten Auswirkungen die Klimaerwärmung im 21. Jahrhundert auf die biologische Vielfalt rund um die Welt haben dürften, haben sich Wissenschafter um Alex Pigot vom University College London genauer angesehen. Die im Fachjournal "Nature" veröffentlichten Ergebnisse prognostizieren, wann und wo in den kommenden Jahrzehnten schwere ökologische Störungen auftreten könnten – und dass die erste Welle dieser Störungen wahrscheinlich bereits über den Globus hinwegzieht.

Stufenweise Verschärfung

"Wir haben festgestellt, dass die Bedrohung der Biodiversität durch den Klimawandel nicht etwa langsam ansteigt. Vielmehr werden die meisten Arten einer Region in der Lage sein, mit den veränderten Bedingungen zurecht zu kommen, bis eine bestimmte Temperaturschwelle überschritten wird", sagt Pigot. "Wenn das geschieht, ist ein großer Teil der Spezies sehr plötzlich mit Umständen konfrontiert, denen sie nichts entgegenzusetzen haben."

Pigot und Kollegen aus den USA und Südafrika verwendeten für ihre Vorhersagen Klimamodelldaten von 1850 bis 2005 und stellten sie Informationen zu geografischen Lebensräumen von annähernd 31.000 Pflanzen- und Tierarten gegenüber, die sie über ein globales Gitternetz mit einem 100-Mal-100-Kilometer-Raster verteilten. Dann versuchten sie auf Basis der Klimamodellprojektionen für jedes Jahr bis 2100 vorherzusagen, wann die einzelnen Arten in jeder Gitterzelle über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren Temperaturen ausgesetzt sein würden, die konstant höher sind als die, welche die jeweilige Spezies in ihrem geografischen Bereich zuvor erlebt hat.

Korallensterben als Vorgeschmack

Bei ihrer Simulation zeigte sich, dass bei einem Anstieg der globalen Temperaturen um vier Grad Celsius bis 2100 mindestens 15 Prozent der regionalen Lebensgemeinschaften gleichsam einem abrupten Expositionsereignis ausgesetzt sein werden, bei dem mehr als jede fünfte Art innerhalb desselben Jahrzehnts die entscheidende Temperaturschwelle ihrer ökologischen Nische überschreitet. Ein solches Ereignis könnte den irreversiblen Zusammenbruch des Ökosystems bedeuten. Wenn die Erwärmung bei zwei Grad Celsius oder weniger gestoppt werden kann, sind möglicherweise weniger als zwei Prozent der Biotopgemeinschaften mit solchen Expositionsereignissen konfrontiert. Das inkludiert allerdings auch die tropischen Korallenriffe, die zu den artenreichsten Ökosystemen der Erde zählen.

Die Wissenschafter gehen davon aus, dass solche beispiellosen Temperaturveränderungen in tropischen Ozeanen noch vor 2030 beginnen werden. Jüngste Ereignisse wie die aktuelle Rekord-Korallenbleiche am Great Barrier Reef dürfen als Vorboten dieser Entwicklungen angesehen werden. Höhere Breiten und tropische Wälder werden voraussichtlich ab 2050 gefährdet sein. "Unsere Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer Eindämmung des Klimawandels durch sofortige und drastische Reduzierung der Emissionen", sagt Pigot. "Diese könnten dazu beitragen, Abertausende Arten vor dem Aussterben zu bewahren." (tberg, 14.4.2020)