Auch im James S. Brady Press Briefing Room im Weißen Haus wird auf Abstand geachtet, um sich nicht mit dem Coronavirus zu infizieren. Die demokratischen Vorwahlen in Wisconsin mussten allerdings abgehalten werden, trotz heftiger Proteste der lokalen Entscheidungsträger.

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Der amerikanische Präsident hat angedroht, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Mittel zu streichen, da sie sich in der Corona-Krise "China-zentristisch" verhalte. Die WHO habe nicht rechtzeitig informiert, nachdem das Virus in Wuhan entdeckt worden sei, sagte Donald Trump am Dienstagabend im Weißen Haus. "Sie hätten es wissen müssen, sie hätten warnen müssen. Und wahrscheinlich wussten sie es, also schauen wir uns das sehr genau an."

Vorläufig werde sein Land keine Beiträge mehr zahlen, kündigte Trump an, bevor er ein Stück zurückruderte. Auf die Frage, ob es wirklich angeraten sei, inmitten einer Pandemie Gelder zurückzuhalten, antwortete er: "Ich sage nicht, dass wir es tun, aber wir werden es uns anschauen." Wenn man ein paar Jahre zurückverfolge, was die WHO tue, so scheine sie stets parteiisch im Sinne Chinas zu handeln. "Die WHO hat es wirklich vergeigt", beschwerte sich der Präsident parallel dazu in einem Tweet. Aus irgendeinem Grund sei sie sehr China-zentristisch, obwohl sie größtenteils von den Vereinigten Staaten finanziert werde.

Von Kürzung bis Zahlungsstopp

Für das Haushaltsjahr 2020 hatte der Kongress in Washington noch 123 Millionen Dollar (113 Millionen Euro) an Zuwendungen für die in Genf ansässige Organisation bewilligt. Im kommenden Budgetjahr, beginnend am 1. Oktober, soll die Summe auf 58 Millionen Dollar gekürzt werden, so jedenfalls schlug es das Weiße Haus bereits vor Wochen vor. Indem Trump nun sogar einen Zahlungsstopp erwägt, trägt er nicht zuletzt der Stimmung unter Amerikas Konservativen Rechnung. Der Republikaner James Risch, Chef des Auswärtigen Ausschusses des Senats, führt eine wachsende Riege von Politikern an, die mit der WHO hart ins Gericht gehen.

Zu Beginn der Epidemie, lautet der zentrale Vorwurf, habe sie die geschönten Angaben Pekings kritiklos übernommen, damit zur Verharmlosung beigetragen und es dem Rest der Welt erschwert, rechtzeitig Abwehrmaßnahmen zu treffen. Trump allerdings hat die Lage selber wochenlang schöngeredet. Mit seinen Schuldzuweisungen, merken Kritiker an, versuche er nur von eigenen Versäumnissen abzulenken.

Wie das Nachrichtenportal Axios berichtet, zirkulierten kabinettsintern bereits Ende Jänner Papiere, in denen die Gefahr schnörkellos beschrieben wurde. Das Virus, warnte Peter Navarro, ranghöchster Handelsberater des Präsidenten, drohe das Leben von mehreren Millionen Amerikanern zu gefährden und obendrein die Wirtschaft abstürzen zu lassen.

Frühzeitige Warnungen

Ende Februar ließ Navarro ein eindringlicheres Memorandum folgen: Immer wahrscheinlicher werde eine Pandemie, in deren Verlauf sich 100 Millionen Amerikaner anstecken und eine halbe Million sterben könnte. Trump sprach damals noch von einem Virus, das bald verschwinde. Heute behauptet er, die Einschätzungen nicht gelesen zu haben.

Immer deutlicher zeichnet sich ein anderes Dilemma ab: Zahlen aus Staaten wie Illinois, Michigan und Louisiana lassen erkennen, dass schwarze Amerikaner offenbar am stärksten unter Covid-19 zu leiden haben. 43 Prozent derer, die in Illinois an den Folgen der Krankheit starben, haben dunkle Haut, während Afroamerikaner gerade einmal 15 Prozent der Bevölkerung bilden. In der Metropole Chicago sind 72 Prozent aller Corona-Toten Schwarze, obwohl diese nur knapp ein Drittel der Einwohnerschaft stellen. Experten führen es auf häufig miserable Wohnverhältnisse und einen generell schlechteren Gesundheitszustand zurück: Schon vor der Pandemie lag die Lebenserwartung schwarzer Bewohner Chicagos durchschnittlich um 8,8 Jahre unter der von weißen.

Bizarre Vorwahlen in Wisconsin

Wisconsin wiederum musste am Dienstag unter bizarren Umständen Präsidentschaftsvorwahlen abhalten, obwohl sich die Lokalpolitik zuletzt heftig dagegen gewehrt hatte. Einen vom Gouverneur, einem Demokraten, eingebrachten Antrag auf Verschiebung schmetterte das Oberste Gericht des Bundesstaats ab. In Milwaukee, der größten Stadt Wisconsins, hatten lediglich fünf von 180 Wahllokalen geöffnet, auch weil etliche Wahlhelfer aus Angst vor Ansteckungen zu Hause blieben. Inmitten des Corona-Ausbruchs auf Primaries zu bestehen, protestierte Bernie Sanders, "könnte sich sogar als tödlich erweisen".

Ob der Veteran aus Vermont den Abstand zu seinem nunmehr klar favorisierten Rivalen Joe Biden durch einen Sieg in Wisconsin verkürzen konnte, wird man erst nächste Woche erfahren. (Frank Herrmann, 8.4.2020)