Ein deutsch-britisches Forscherteam hat in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) eine Studie zur Evolution von Sars-CoV-2 veröffentlicht. Basis waren die ersten 160 vollständig entschlüsselten Genome, die Proben stammten von Ende 2019 bis März 2020. Mit Methoden, die ursprünglich zur Rekonstruktion frühgeschichtlicher menschlicher Wanderbewegungen anhand von alter DNA entwickelt wurden, ging die Gruppe um Bernd Brinkmann und Peter Forster von Institut für forensische Genetik in Münster der Ausbreitung des neuen Coronavirus nach.

Unterschiedliche Varianten mit unterschiedlicher Verbreitung

Einige Kernaussagen der Studie: Es gebe drei "zentrale" Varianten des Virus, wobei es die Varianten A und C sind, die sich weltweit am stärksten ausgebreitet haben, inklusive hier in Europa. Typ A ist dem eng verwandten Fledermaus-Coronavirus am ähnlichsten und somit wahrscheinlich der Urahn aller menschlichen Coronaviren. Der in Wuhan häufigste Typ B ist weitgehend auf Ostasien beschränkt geblieben. Alle Varianten seien sehr eng miteinander verwandt, es lasse sich aber ablesen, dass sich die Viren in ihren menschlichen Wirten weiterentwickeln.

Aus der Analyse ließ sich auch ableiten, dass das Virus nicht nur einmal nach Italien gelangt ist, sondern mindestens zweimal unabhängig voneinander – und beide Male schon sehr früh. Das sei der Grund, warum die Suche nach dem italienischen "Patient Zero" in einer Sackgasse endete und eine wirksame Quarantäne potenziell infizierter Personen unmöglich war.

Tests müssen an Veränderungen des Virus angepasst sein

Mit dem raschen und einfachen Nachweis des veränderlichen Virus beschäftigt sich auch das aus EU-Mitteln mit insgesamt drei Millionen Euro geförderte Projekt CoronaDX. Ein Teil des von der Technischen Universität Dänemark geleiteten Vorhabens wird an der Medizinischen Universität Wien abgewickelt. In den nächsten drei Jahren wird das Wiener Team um den Infektiologen Christoph Steininger klinische und epidemiologische Studien zu den entwickelten Verfahren durchführen.

"Die Verlässlichkeit von Schnelltests wird entscheidend von der Auswahl des richtigen Virusstammes beeinflusst. Coronaviren können sich genetisch rasch verändern und damit auch die viralen Proteine, die von Schnelltests erfasst werden sollen. Stark veränderte virale Proteine würden von Schnelltests nicht mehr erfasst werden", so Steiniger. Es also darum, die Veränderungen zu erkennen und die Tests daraufhin anzupassen. (red, APA, 9. 4. 2020)