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Schweinefleisch hat zu Ostern Hochsaison – und geht in Form von Faschiertem als Gewinner aus der Krise hervor.

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Faschiertes vom Schwein ist der Gewinner der Corona-Krise. Zu Braten, Spaghetti bolognese und Fleischlaiberl verarbeitet, erlebt es in Österreichs Küchen dieser Wochen dank simpler Rezepte eine Hochblüte. Der Verlierer ist Rindfleisch. Über Tafelspitz, Rostbraten und Beiried trauen sich nur wenige Haushalte drüber. Da auch alle Gastronomen bis hin zu Großabnehmern wie McDonald’s geschlossen halten müssen, bleiben viele Mäster auf ihren Tieren sitzen, die Preise verfallen.

In den kommenden Tagen kreisen die Speisepläne der Österreicher wie alle Jahre wieder um Osterfleisch. Die Sorgen, dass dieses mitsamt den obligaten Hartwürsteln im Zuge der wirtschaftlichen Turbulenzen knapp werden könnte, haben sich nicht bewahrheitet.

Drei Wochen ist es her, dass der Ausbruch von Covid-19 in Österreich alle Alarmglocken in der Fleischwirtschaft schrillen ließ. Auch in hohen Regierungskreisen war von drohenden Engpässen bei der Versorgung die Rede. Was die Industrie nervös werden ließ, waren weniger die Hamsterkäufe der Konsumenten als die geschlossenen Grenzen zu den Nachbarländern. Sie schnitten sie von ihren für die Schlachtung und Verarbeitung so wichtigen Fachkräften aus Osteuropa ab. Diese stemmen gut 80 Prozent der Arbeit der Branche.

Prämien für Mitarbeiter

Mittlerweile mangelt es ernstlich weder an Personal noch an Rohstoffen. Viele Unternehmer konnten den Großteil ihrer Leute in Österreich halten, sagt Johann Schlederer, der als Chef der Schweinebörse Geschäfte zwischen Landwirten und Industrie koordiniert. Sie bezahlen ihnen Prämien zwischen 200 und 400 Euro die Woche. Die Behörde erleichterte ihnen die Einreise. Für Tagespendler wurden Quartiere geschaffen.

Zwar boten auch viele arbeitslose Österreicher an auszuhelfen. "Doch den meisten war der Job zu anstrengend. Auch fehlte es ihnen zumeist an nötiger Qualifikation. Nach anfänglicher Euphorie war es für beide Seiten ernüchternd."

Produktion rund um die Uhr

Zwei Wochen lang arbeitete die Industrie Tag und Nacht, um den enormen Hunger der Supermärkte und ihrer Kunden auf Frischfleisch und Feinkost zu stillen. "Es ist mir wirklich ein Rätsel, was die Leute mit all den Vorräten daheim machen", sinniert Karl Schmiedbauer, Chef des Feinkostherstellers Wiesbauer und Vorsteher der Fleischindustrie. Nunmehr laufe das Geschäft mit den Lebensmittelketten wieder in ruhigeren Bahnen. Verteuert habe Corona das Fleisch in den Regalen des Handels bisher jedenfalls nicht.

Auch kleine regionale Fleischhauer konnten ihren Absatz ausbauen, ist Bundesinnungsmeister Rudolf Menzl überzeugt. Kunden kauften zwar statt täglich nur ein- bis zweimal die Woche ein, bestellten aber reichlich vor und verhielten sich in den Geschäften diszipliniert. Die Österreicher hätten sich in Zeiten der Krise mehr denn je für handwerkliche Betriebe abseits der Massenproduktion sensibilisiert, erzählt sein Innungskollege Erwin Fellner, der in Wien zwischen zwei Filialen von Penny und Billa seine eigene Fleischerei führt. Gewachsen sei auch der Bedarf an Dienstleistungen: Kunden ließen sich ihren Kalbsbraten rollen und das Bauchfleisch füllen.

Kein Verzehr außer Haus

Tiefe Einschnitte gibt es allerdings in der Gastronomie. Das Geschäft mit Imbiss und Jause liegt ebenso darnieder wie der Großhandel. Er habe 4.000 Kunden – beliefern könne er derzeit nur 20, rechnet Schmiedbauer vor. "Ich frage mich, wie viele Betriebe gar nicht mehr aufsperren werden."

Getrieben war die Angst um Rohstoffe aber nicht nur von Personalproblemen. Seit die Schweinepest in China wütet, saugt Asien riesige Mengen an Fleisch aus Europa ab. Corona verschaffte Verarbeitern hierzulande eine Atempause, denn China stoppte abrupt die Importe. Fleisch wurde an der Grenze tiefgefroren, Schlachthöfe legten aus Angst um ihr Geld alle Asien-Geschäfte vorerst auf Eis.

Schweinepest auf dem Vormarsch

Gefährliche Viren sind für die Fleischwirtschaft nicht neu. Die Schweinepest werde die Branche länger beschäftigen als Corona, ist Schlederer überzeugt. Zumal gerade übersehen werde, dass sie sich Österreich rasant annähere.

Jüngst habe ein polnischer Betrieb nahe der deutschen Grenze aufgrund der Infektion eines Tieres 20.000 Schweine gekeult. In Ungarn habe sie sich unter Wildschweinen verbreitet. Menschen stecken sich mit Schweinepest nicht an. Befällt sie ein Schwein, zwingt sie Mäster aber zur Tötung des ganzen Tierbestandes. Exporte werden verboten, die Preise brechen ein. An wirksamen Impfstoffen wird weltweit fieberhaft geforscht, bisher aber erfolglos. (Verena Kainrath, 10.4.2020)