Freiwillige der Organisation Sea Eye retten Migranten von einem Schlauchboot am 6. April 2020 und bringen sie zu ihrem Rettungsschif Alan Kurdi.

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Valletta/Rom/Tripolis – Rund 280 Menschen hängen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Mittelmeer auf einem Schiff der libyschen Küstenwache fest. Die Migranten seien bei der Überfahrt Richtung Europa abgefangen worden und sollten zurück in das nordafrikanische Land gebracht werden, teilte IOM am Donnerstagabend mit. Die libyschen Behörden hätten sie aber nicht an Land gehen lassen.

Tripolis sei demnach aufgrund von starkem Beschuss aktuell kein sicherer Hafen. Italien hat seine Häfen wegen der Coronavirus-Pandemie ebenfalls als nicht sicher eingestuft.

IOM fodert eine Lösung

Nach Angaben der IOM befinden sich auch Frauen und Kinder unter den Migranten. Die Organisation versorge die Menschen an Bord mit Lebensmitteln und Wasser. Aufgrund einer Ausgangssperre in Tripolis wegen des Coronavirus finde der Einsatz unter zusätzlich erschwerten Bedingungen statt.

"Die Situation ist tragisch. Hunderte von Menschen, erschöpft von einer 72-Stunden-Reise, müssen die Nacht auf einem überfüllten Boot unter schwierigen Umständen verbringen", sagte der Chef der IOM-Mission in Libyen, Frederico Soda. "Der Status quo kann so nicht beibehalten werden. Es braucht einen umfassenden Lösungsansatz für die Situation im zentralen Mittelmeer."

Gesperrte Häfen auch in Malta

Auch Malta kündigte am Donnerstag Abend an, dass es wegen der Corona-Pandemie derzeit keine Flüchtlinge mehr an Land lassen wolle. "Malta ist nicht in der Lage, Flüchtlingen einen sicheren Aufenthalt anzubieten", stand in einer Erklärung der Regierung. Auch Hilfe für Flüchtlinge an Bord von Rettungsschiffen könne nicht mehr garantiert werden.

Die NGO "Alarm Phone" berichtete am Donnerstag auf Twitter von einem Hilferuf von circa 70 Migranten die in der Nähe von Malta in Seenot geraten sein sollen. Das maltesische Militär soll dem Bericht zufolge Hilfe verweigert haben. Am Donnerstag berichtete Alarm Phone dann, dass das Boot sicher im Hafen von Lampedusa angekommen sei.

Laut IOM haben diese Woche mehr als 500 Migranten versucht, von Libyen nach Europa zu gelangen. 150 von ihnen wurden von der unter deutscher Flagge fahrenden Alan Kurdi aufgenommen. Laut dem Sprecher der Organisation Sea-Eye, Gorden Isler, spitzt sich die Lage auf dem Schiff aber ebenfalls zu.

150 Gerettete an Bord der Alan Kurdi

Die Kapitänin Bärbel Beuse habe die italienische Rettungsleitstelle um Nahrungsmittel, Medikamente und Treibstoff für das Schiff gebeten. Nach Islers Angaben befindet sich die "Alan Kurdi" in der Nähe der Insel Lampedusa.

Das Schiff hatte die Migranten am Montag vor Libyen aufgenommen. Die Menschen könnten wegen des Platzmangels kaum schlafen, hieß es von den Helfern.

Die "Alan Kurdi" befindet sich in einer schwierigen Lage, nachdem Italien sich in der Corona-Krise nicht mehr als sicheren Hafen für Migranten ansieht. Vor der Krise hatte Rom immer wieder aus Seenot gerettete an Land gehen lassen. Die Regierung in Rom hat nun Deutschland zum Handeln im Fall der "Alan Kurdi" aufgefordert. Die deutsche Bundesregierung sei für das Schiff verantwortlich, hatte das Verkehrsministerium am Mittwoch in Rom mitgeteilt. Italien argumentiert, dass man in der Gesundheitskrise die sanitäre Versorgung der Migranten nicht garantieren könne.

Die Bundesregierung bemüht sich nach Angaben aus Berlin um eine Abstimmung mit den Beteiligten, wie es am Mittwoch hieß. (APA, red, 10.4.2020)