Was wir wissen ...

Seit dem Auftritt von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger und Außenminister Alexander Schallenberg vergangenen Mittwoch ist klar: Die Sommerferien 2020 werden zur verordneten Sommerfrische im eigenen Land. Ab Mitte Mai sollen stufenweise Beherbergungsbetriebe und Freizeiteinrichtungen aus dem unfreiwilligen Frühlingsschlaf geweckt werden. Bis Ende April will die Regierung neue Verhaltensregeln für Gast und Gastgeber ausarbeiten. Was bedeutet das für Gestaltungsmöglichkeiten eines Urlaubs in Österreich?

1. Schlägt im Sommer 2020 die große Stunde für Vermieter von Ferienhäusern?

Erich Mayregger bemerkt seit wenigen Tagen einen Umschwung: "Für den Mai gab es nur Stornos, aber für die Zeit danach trudeln erste Reservierungen ein", sagt der Österreich-Geschäftsführer von Interhome Ferienhäuser. Statt der üblichen einwöchigen Mindestmiete werden neuerdings auch zwei oder drei Nächte angeboten. Bei Umbuchungen vom Ausland ins Inland legt man Kunden keine Steine in den Weg. "Salzkammergut statt Toskana" laute die aktuelle Devise. Muss man sich um freie Häuser sorgen? Eher nicht, 85 Prozent der Gäste in den 2000 Ferienhäusern kommen aus dem Ausland – die meisten von ihnen werden es heuer nicht nach Österreich schaffen.

"Salzkammergut statt Toskana" lautet die Devise
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2. Wenn alle Österreicher daheim urlauben – wird es dann nicht eng?

Keineswegs. Die Beherbergungsindustrie verzeichnet (von der kleinen Almhütte bis zum großen Hotel am Ring in der Wiener Innenstadt) 150 Millionen Nächtigungen im Jahr. Die Österreichische Hoteliervereinigung geht von fünf Millionen reisenden Österreichern aus. Selbst wenn alle im Inland urlauben, werden die Herbergen nicht voll. Vor allem die noblen Hotelketten leben zu über 70 Prozent von Auslandstouristen.

3. Wird das Familienhotel am Kärntner See den Badeurlaub in Kroatien ersetzen?

Daran will Peter Sichrowsky vom Familienhotel Post am Millstätter See noch nicht so recht glauben. Der Anteil der Österreicher sei zwar bei ihm in den vergangenen Jahren gestiegen, doch das war eine bewusste Entscheidung der Gäste. Geringere Einkommen in der Krise könnten nur zur Verschiebung des Urlaubs im Ausland führen. Er zeigt Verständnis für die missliche Lage vieler Urlauber: "Familiengeführte Häuser wie unseres haben viele Stammgäste. Sie sollen selbst entscheiden, ob und wann sie kommen."

Wolfgangsee statt Karibik
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4. Werden alternative Angebote wie "Urlaub am Bauernhof" zulegen?

Die Voraussetzungen sind ideal: Auf entlegenen Bauernhöfen kommen nie zu viele Menschen zusammen. Hans Embacher, Chef von Urlaub am Bauernhof: "Rund 30 Prozent unserer Gäste kommen aus Österreich. Nur wenige von ihnen haben bestehende Buchungen storniert." Almhütten seien gefragt, aber für die Monate Juli und August noch nicht überbucht. Eine Schwierigkeit sieht er aber: "Auf einem Hof leben oft mehrere Generationen. Die ältere zählt zur Corona-Risikogruppe. Es wird nicht für jede Familie zumutbar sein, Gäste zu empfangen."

5. Wird sich der Camping-Boom aus Vor-Corona-Zeiten noch verstärken?

Tomas Mehlmauer, Präsident des Österreichischen Campingclubs, sieht unterschiedliche Szenarien. Von rund 450 Plätzen in Österreich seien die meisten kleine Betriebe. Dort würden nicht zu viele Menschen aufeinandertreffen. "Es gibt aber auch große, die an eine Ferienanlage erinnern." Ob und wie man dort Veranstaltungen abhalten könne, sei unklar. Für die Familienbetriebe sieht er eine Gefahr: "Sollten bauliche Maßnahmen wie Plexiglasscheiben gefordert sein, werden sich das nicht alle leisten können und gar nicht aufsperren."

Gibt es eine Reisewarnung für das gewählte Land, kann gratis storniert werden.
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6. Wann ist der beste Zeitpunkt, um einen Urlaub in Österreich zu buchen?

Hudeln braucht man nicht. Ruefa-Chef Walter Krahl rät, mit der Buchung des Sommerurlaubs bis Ende April zu warten. Dann werde man "schon ein bisschen mehr wissen". Optimistischer ist er, was den Winterurlaub 2020/21 angeht: "Einfach buchen", sagt Krahl.

7. Und wenn es doch zum Storno kommt?

Wer einen Sommerurlaub im Ausland gebucht hat, muss abwarten. Kostenloses Stornieren ist oft erst kurz vor Reiseantritt möglich, je nach Umständen. Gibt es eine Reisewarnung für das gewählte Land, kann gratis storniert werden. Ist ein Ziel – etwa wegen fehlender Flüge – nicht erreichbar, sagen die Veranstalter die Reise von sich aus ab. Dann gibt es das Geld retour, Gutscheine müssen nicht angenommen werden. Kunden haben ein Recht auf Rückerstattung.

Und was wir nicht wissen ...

Es gab einmal eine Zeit, da war Corona nur ein Bier. Und die Planung des Sommerurlaubs eine klare Sache (in den meisten Fällen zumindest). Aber seit ein paar Wochen ist alles komplizierter. Wir sind nach Ostern zwar nicht mehr in den eigenen vier Wänden eingeschlossen, aber dafür – urlaubstechnisch – quasi im eigenen Land. Das wirft Fragen auf. Nicht alle lassen sich jetzt schon beantworten, denn niemand weiß, wie sich die Lage in ein paar Wochen darstellen wird.

1. Wann werden grenzüberschreitende Reisen wieder möglich sein?

Das ist die Millionen-Euro-Frage, die die Tourismusbranche und Reisewillige umtreibt. Seriös beantworten lässt sie sich noch nicht. "Wir hoffen auf eine stufenweise erste Normalisierung im Spätsommer bzw. Herbst 2020", sagt Walter Krahl, Chef der Ruefa Reisebüros. Die Betonung liegt auf "erste". Fakt ist, dass derzeit aufgrund der Corona-Krise für weltweit 24 Staaten (Stand: 9. April) eine Reisewarnung der (höchsten) Stufe 6 gilt. Es ist davon auszugehen, dass weitere Staaten dazukommen. Eine Lockerung der Reisebeschränkungen steht momentan nicht zur Debatte – zu groß ist die Angst vor und die Gefahr einer zweiten Welle an Infektionen.

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Wann wir wieder frei reisen können werden, wissen nicht einmal die Experten.
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2. Wann wird sich der Luftverkehr wieder normalisieren?

Gesicherte Prognosen gibt es nicht. Österreichs größte Airline, die AUA, hat den regulären Flugbetrieb bis einschließlich 3. Mai eingestellt. Ob es am 4. Mai wieder losgeht, ist offen. "Es ist schwierig, das heute abzusehen, sagt AUA-Sprecher Peter Thier. Man fliege auf Sicht und gehe davon aus, dass man für den Sommer 2020 eine Nachfrage von 25 Prozent im Vergleich zu 2019 haben werde. "Wenn wir üblicherweise 400 Flüge pro Tag hatten, werden es nur mehr hundert sein. Aber selbst dieses Szenario ist ein sehr optimistisches", gibt Thier zu. Das Vorkrisenniveau werde man wohl erst 2023 wieder erreichen. Thier geht aktuell davon aus, dass es wohl noch zwei bis drei Jahre dauern werde, "bis wir wieder wie gewohnt in den Sommerurlaub fliegen können". Hoffnung macht die Tatsache, dass die AUA binnen drei Tagen voll einsatzfähig sein könnte. "Die Flotte ist im Stand-by-Modus. Alle hätten Lust, wieder abzuheben.

Gegroundete Flieger der AUA: Das Vorkrisenniveau wird wohl erst 2023 wieder erreicht werden.
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3. Werden bald alle Unterkünfte an Seen über Airbnb ausgebucht sein?

Von Airbnb gab es auf STANDARD-Anfrage keine Informationen, ob bestimmte Unterkunftskategorien in Österreich stärker nachgefragt werden als etwa im Vorjahr. Die Eigenrecherche auf der Plattform ergab, dass zum Beispiel rund um Österreichs wärmsten Alpensee, den Wörthersee, in den Sommermonaten noch zahlreiche Quartiere mit und ohne direkten Seezugang in so gut wie jeder Preiskategorie vorhanden waren.

4. Wird es in Post-Overtourism-Zeiten in diesem Sommer dennoch Hotspots geben?

Seengebiete wie Kärnten, der Neusiedler See oder das Salzkammergut sind aktuell etwas besser gebucht als andere Regionen. Auch in normalen Jahren bewegen sich Inlandstouristen von Osten nach Westen betrachtet selten weiter als bis nach Salzburg. Unklar ist, ob etwa Tirol von der aktuellen Situation profitieren kann. Das Land ist überdurchschnittlich von deutschen und Schweizer Gästen abhängig, die heuer wohl in großem Stil ausbleiben werden. Obwohl die wenigen Buchungen aus Österreich aktuell kaum Schlüsse zulassen, rechnet Manfred Furtner, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung in Tirol, zumindest mit "ein paar neuen Gästen" aus Ostösterreich. Diese werden den Ausfall der Urlauber aus den Nachbarländern nur "teilweise kompensieren" können.

Baden mit Sicherheitsabstand? Man wird sehen, wie die Bäder das handeln.
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5. Dürfen Urlauber an einem See mit der Öffnung der Strandbäder rechnen?

Ministerin Köstinger sprach sich klar dafür aus, dass Bäder im Sommer offen sein sollen – mit der Einschränkung, dass auch dort "neue Verhaltensregeln" gelten sollen. Deren Umsetzung ist aktuell die große Unbekannte. Harald Raffer, Sprecher der Klagenfurter Stadtwerke, die auch eines der größten Strandbäder Europas am Wörthersee betreiben, gibt sich verhalten optimistisch: "Aus derzeitiger Sicht spricht nichts gegen eine Öffnung im Sommer – freilich immer nach Absprache mit den Behörden". Er gesteht aber, dass bis zu 12.000 Besucher, die in normalen Jahren täglich gezählt werden, heuer eine Herausforderung darstellen, wenn Sicherheitsabstände gewahrt werden müssen. Unklarer ist die Lage dort, wo es freie Zugänge zu Gewässern gibt. Bürgermeister in mehreren Bundesländern haben zuletzt den Seezugang vorübergehend sperren lassen, wenn Gefahr von Menschenansammlungen bestand. (Sascha Aumüller, Markus Böhm, Bettina Pfluger, 11.4.2020)