Blick vom Österreich-Hospiz über Jerusalems Altstadt.
Foto: Standard/Heinz Hudelist

Es ist ein langer Seufzer, der dem christlichen Würdenträger am anderen Ende der Leitung entfährt – und er ist nicht der Karfreitagstrauer geschuldet. "Was bleibt uns denn übrig, das ist eben das Gesetz", sagt der Sprecher des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem. Alle öffentlichen Osterfeiern mussten abgesagt werden. Nur im kleinsten Kreis ist der Ritus erlaubt.

Das gilt auch für die Grabeskirche in Jerusalem, in der sich in allen anderen Jahren die Pilger auf die Füße steigen; und auch für die Via Dolorosa, in der die Pilgergruppen sich mit ihren megafonverstärkten Kreuzweggesängen auf Polnisch, Italienisch und Deutsch stets gegenseitig in die Gebetsparade fahren.

Menschenleeres Jerusalem

Heute ist alles leer. Das Geschäft mit Rosenkränzen, Takeaway-Dornenkronen und Plastik-Marienfiguren "made in China" ist am Nullpunkt. Unter den ausbleibenden Ostergästen leiden die kleinen Händler und Lokale in der Altstadt genauso wie die Nächtigungsbetriebe. Um den Pilgern, die ihre Reisen abblasen mussten, trotzdem ihr Ostererlebnis im Heiligen Land zu ermöglichen, haben mehrere Anbieter auf Online-Gottesdienst umgesattelt. Messen auf ArabischIn der Karwoche gibt es jeden Tag mindestens eine Feier, die aus der Konkathedrale des Lateinischen Patriarchats übertragen wird, es gibt Gottesdienste auf Englisch und Arabisch. Alternativ dazu werden Gottesdienste aus der Verkündigungskirche in Nazareth live gestreamt und sind auch im Nachhinein auf der Webseite des Christian Media Center abrufbar.

Österreichisches Pilger-Hospiz mit eigenem Internet-Angebot

Online-Messen in deutscher Sprache mit spektakulärem Blick über die Jerusalemer Altstadt bietet der Leiter des Österreichischen Pilger-Hospiz, einer von der katholischen Kirche betriebenen Beherbergungsstätte. Normalerweise ist das Hospiz zu Ostern zwei Jahre im Voraus ausgebucht; jetzt steht der Betrieb, der erst im Vorjahr in einen zusätzlichen Gästetrakt investiert hat, leer.

Rektor Markus Bugnyar hält die Messen nun nicht wie üblich in der Hauskapelle, sondern für die Internetgemeinde auf dem Dach des Hospizes. Schon den Palmsonntagsgottesdienst hätten über 4.000 Menschen mitverfolgt, sagt Bugnyar zum STANDARD.

Für den Karfreitag fertigte er eigens eine Voraufzeichnung der Kreuzwegprozession durch die Via Dolorosa an. Ein Livestream wäre wegen möglicher Polizeiinterventionen zu riskant gewesen.

Karfreitagsprozession via Facebook.

Das Ausbleiben der Gäste setzt dem Hospiz finanziell zu. Von den 42 Mitarbeitern seien zwölf nicht von den israelischen staatlichen Auffangmaßnahmen erfasst, "wir wissen nicht, ob wir auf den Personalkosten sitzen bleiben", sagt Bugnyar. Derzeit sammle man Spenden, um den Beschäftigten den Einkommensverlust zu ersparen. Zusätzlich zu den überwiegend arabischen Angestellten setzt das Hospiz regelmäßig auf Zivildiener aus Österreich. Zehn von ihnen hätten sich entschieden, trotz Corona-Krise und dem Ausbleiben der Gäste im Land zu bleiben.

Back to normal?

Wann der Tourismus in Israel wieder zur Normalität zurückfindet, ist derzeit nicht absehbar. Das spirituelle Gemeinschaftsleben im Hospiz bleibt jedenfalls vorerst aufs Internet beschränkt: Auch nach der Karwoche gibt es jeden Sonntag einen Gottesdienst-Stream.

Online-Beichten sind aber nicht Teil des spirituellen Web-Service der Kirchen im Heiligen Land. Der Papst hatte ersucht, sich in diesem Jahr ausnahmsweise direkt an Gott zu wenden. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 10.4.2020)