Hatten andere Gesellschaften in Europa in den vergangenen Wochen schon viel damit zu tun, sich an die Bewegungseinschränkungen und das Abstandhalten zu gewöhnen, so mussten die Slowenen gleichzeitig auch einen kompletten Politikwechsel verdauen. Denn der neue rechtsgerichtete Premier Janez Janša ist erst seit 13. März an der Macht.

Für Premier Janez Janša sind Medien oft nur lästige Hindernisse
Foto: AFP/JURE MAKOVEC

Inmitten der Covid-19-Krise, am 14. März, tauschte er bereits die Führungsspitzen der Sicherheitsstrukturen des Landes aus. Die Generaldirektorin der Polizei Tatjana Bobnar, die Leiterin des Generalstabs der slowenischen Streitkräfte Alenka Ermenc und der Direktor des Geheimdienstes des Verteidigungsministeriums, Dejan Matijevič wurden entlassen.

SDS-nahe Medien aus Ungarn finanziert

Bobnar hatte zuvor bestätigt, dass es Untersuchungen wegen der Finanzierung von Medien gab, die der Janša-Partei SDS zugerechnet werden. Laut dem Portal necenzurirano.si wurden im August 2018 aus Ungarn und Großbritannien 1,5 Millionen Euro auf die Konten der zwei Medienunternehmen NovaTV24.si und Nova Hiša überwiesen. Die beiden Medien gehören ungarischen Unternehmen, die wiederum dem ungarischen Premier Viktor Orbán und seiner rechtspopulistischen Fidesz nahe stehen. Parteienfinanzierung aus dem Ausland ist in Slowenien verboten. Doch es gibt keine gesetzliche Regelung, wenn es um die Finanzierung von Partei-Medien geht.

Seit der Machtübernahme der SDS sitzen nun jedenfalls in vielen Führungsfunktionen Leute, die der SDS von Janša nahe stehen oder ihr angehören. Zwei Namen lassen besonders aufhören. Der neue Innenminister Aleš Hojs – eine Art Herbert Kickl von Slowenien – war bis zu seinem Amtsantritt Direktor von NovaTV24.si und Nova Hiša. "Manchen meinen nun, dass es sehr fraglich sei, was nun mit den Ermittlungen der Polizei geschehen wird, nachdem Herr Hojs Innenminister geworden ist", schreibt der slowenische Journalistenverband dem STANDARD.

Nachfragen ist in Corona-Zeiten schwer möglich

Staatssekretär im Innenministerium wurde Franc Kangler, ein ebenfalls altbekannter Name. Der ehemalige Bürgermeister von Maribor musste im Jahr 2012 sein Amt aufgeben, weil die Bürger wochenlang gegen ihn demonstrierten. Gegen Kangler, der sich mit Sheriff-Methoden hervortat, wurde auch wegen Korruptionsvorwürfen ermittelt.

Aber auch die Kommunikationspolitik der in der Covid-19-Krise sorgt in Slowenien für Kritik. Denn Journalisten müssen sich nun in einem anderen Raum als die Regierung einfinden und können von dort aus Fragen stellen oder sie können ihre Fragen zuvor an das öffentlich-rechtliche Fernsehen schicken, das diese dann stellt. "Dieses Format macht es schwierig, mit weiteren Nachfragen sofort zu reagieren", moniert der slowenische Journalistenverband. "Es gibt auch die Möglichkeit, Mails direkt an das Kommunikationsbüro der Regierung zu schicken, aber dann gibt es keine Garantie, dass man schnell Antworten bekommt", so der Journalistenverband zum STANDARD.

Exklusive Statements für die eigenen Medien

Zudem gäbe es so viele Online-Plattformen in Slowenien, sodass die Einschränkung direkter Fragen und die Einschränkung einer wechselseitigen Kommunikation nicht anders verstanden werden könne, als dass die Regierung versuche, die Kontrollfunktion der Medien durch Auswahl und Moderation von Fragen einzuschränken und die öffentliche Debatte zu lenken, meint der Politologe Marko Lovec zu der Kommunikationspolitik der Regierung. "In den letzten Jahren war die SDS bekannt dafür, exklusive Aussagen ihren "eigenen", von Orbán finanzierten Medien zu geben, für verbale Angriffe auf einzelne Journalisten und Medien und für die Verwendung von Twitter als Hauptkommunikationsinstrument", so Lovec zum STANDARD.

Dass die nationalkonservative Partei dies weiter tun wird, wurde bereits offenbar. Der slowenische Journalist Blaž Zgaga hatte am 14. März einen Antrag gestellt, dass Informationen über die rechtliche Basis für die Schaffung des Krisenhauptquartiers der slowenischen Regierung öffentlich gemacht werden sollten. Das Krisenhauptquartier reagierte rasch, allerdings ganz anders als erwartet.

Zgaga, Žižek, Novak und Štrajn

Es retweetete einen Tweet eines anderen, in dem stand: "Psychiater suchen nach vier Patienten, die der Quarantäne entflohen sind. Sie haben einen Virus-Marx/Lenin." Die vier "Patienten" die da genannt wurden, waren neben Zgaga, der Philosoph Slavoj Žižek, der Dichter Boris A. Novak und der Anthropologe Darko Štrajn.

Janša ist schon seit Jahrzehnten für seinen aggressiven Ton und seine öffentlichen Dispute mit Journalisten, die eher dem linken Spektrum zuzuordnen sind, bekannt. Es war also nichts Überraschendes, dass sich der Mann selbst in die Auseinandersetzung mischte. Verwunderlich ist nur, dass trotz der fundamentalen Krise in Pandemiezeiten ideologisches Hick-Hack, Attacken und Polarisierung für ihn noch immer Priorität genießen.

Schmutzkampagne gegen einen Journalisten

Janša twitterte, dass Zgaga seit Jahrzehnten Lügen wiederkäuen würde. "Selbst seine linken Brüder haben ihn aus ihren Medien vertrieben und ihn gemieden", schrieb er. Als daraufhin der "Spiegel"-Journalist Rafael Buschmann am Donnerstag Janša zurückschrieb, dass man im "Spiegel" von der Kompetenz Zgaga`s überzeugt sei und nun gemeinsam mit ihm auf Slowenien und das Geschäft "der weit rechts stehenden Partei" schauen werde, twitterte Janša sogar an Buschmann zurück: "Natürlich, Herr Antifa-Bub" und weiter: "Wir kennen Sie."

Der Twitter-Streit wird auch von anderen weitergeführt. Zgaga wird in dieser Schmutzkampagne als Vertreter des "tiefen Staates" bezeichnet, also einer angeblich existierenden geheimen Organisation, die das politische Geschehen lenkt. Janšas Angriffe auf Medien sind bereits aus seiner vorigen Amtszeit bekannt.

"Verbreiten Sie keine Lügen"

Nun beschuldigte er am 20. März 2020 den slowenischen öffentlich-rechtlichen Sender Radiotelevizija Slovenija (RTVS), Unwahrheiten über die Regierung verbreitet zu haben und drohte indirekt: "Verbreiten Sie keine Lügen. Wir bezahlen Sie dafür, dass Sie in diesen Zeiten informieren, aber die Öffentlichkeit nicht irreführen. Offensichtlich sind Sie überbezahlt und gut bezahlt", schrieb Janša auf Twitter. Der Regierungschef reagierte mit diesem Kommentar auf eine auf RTVS ausgestrahlte Sendung, in der ein Kommentator Kritik an der Entscheidung der Regierung, die Gehälter für Minister und Staatssekretäre zu erhöhen, diskutierte.

Offenbar akzeptiert Janša ganz grundsätzlich die Aufgabe der Medien in einer Demokratie nicht, nämlich die Regierenden kritisch unter die Lupe zu nehmen. Weil er auch am kommenden Tag auf sozialen Medien infrage stellte, ob es nötig sei, dass RTVS so viele Mitarbeiter beschäftigte, wurde dies von diesen als mögliche Bedrohung ihrer Arbeitsplätze wahrgenommen. Der Generaldirektor von RTVS, Igor Kadunc, meinte, dass die "grob ungerechtfertigten Angriffe" auf die RTVS-Berichterstattung schädliche Folgen für die Medienfreiheit hätten und auf die "Unterordnung der zentralen Medien unter eine politische Option" abzielten.

Staatsfeinde im Jahr 2020

"Auch NGOs warnen davor, dass ihre zukünftige Finanzierung in Frage gestellt wird, ähnlich wie in Orbáns Ungarn. Ich fürchte, Journalisten sind zumindest in der gleichen, aber wahrscheinlich in einer viel schlechteren Position, da wir in Slowenien 2020 Staatsfeinde zu sein scheinen", meint Zgaga zum STANDARD. (Adelheid Wölfl, 11.4.2020)