Gedruckt oder online: Selten schien klarer, wofür es professionellen Journalismus braucht.

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Nie war Journalismus erfolgreicher als heute. Selten schien klarer, wofür es ihn braucht. Und doch war er nie in größerer, existenzieller Gefahr.

Userinnen und User verbringen so viel Zeit wie nie auf derStandard.at und anderen Infoseiten. Die Zeit im Bild hat, in der Ausnahmesituation wieder durchgeschaltet auf alle ORF-Kanäle, die höchsten Zuschauerzahlen seit den 1990er-Jahren. Auch private Infokanäle haben so viel Publikum wie noch nie. Und auch mehr Zeitungsabonnements wurden in den vergangenen Wochen abgeschlossen.

Zentrale Finanzierungsquelle

Doch trotz der gewaltigen Nachfrage nach professioneller Information ist der Journalismus in existenzieller Gefahr. Werbung ist eine zentrale Finanzierungsquelle für Medien und professionellen Journalismus. Ein längst belastetes Geschäftsmodell: Die größten Werbevolumina der Welt gehen längst an Google mit Youtube, gefolgt von Facebook – bis zu zehnmal mehr als die größten klassischen Medienkonzerne nehmen sie schon bisher mit Werbung ein.

Wenn Geschäfte und Wirtshäuser geschlossen sind, Theater, Konzerte, Events, Sport und Partys abgesagt, Reisen unmöglich, der Ausgang und die Mobilität auf das Nötigste reduziert, wird dafür auch nicht geworben. Kurzarbeit und Kündigungen verknappen das Geld und die Bereitschaft, es auszugeben. Und Berichte über Corona und die globale Krise sind schließlich auch nicht das beliebteste Umfeld für Werbebuchungen.

Nicht nur Medien entscheiden

Ein perfekter Zeitpunkt also für ein neues Geschäftsmodell, das sich nun doch und gezwungenermaßen schneller verabschiedet aus dem Rückzugsgefecht um Werbung. Über das Geschäftsmodell, um Journalismus zu finanzieren, also über die Zukunft des professionell organisierten Journalismus, entscheiden aber nicht die Medien. Sondern ihre Leserinnen und Leser, ihre Userinnen und User, die für diese Dienstleistung bezahlen – und das mehr und mehr auch in der digitalen Welt tun.

Und es entscheiden darüber auch die übrigen Bürgerinnen und Bürger – wie letztlich alles in der Medienpolitik, Interesse daran vorausgesetzt.

Die Regierung Kurz/Kogler anerkennt die Aufgabe von Medien offenkundig – und erkannte rasch, wohl alarmiert von einigen Verlegerinnen und Verlegern, den Ernst der Lage. Eine Regierungskampagne, kolportiert in zweistelligem Millionenvolumen, informierte die Menschen rasch über den Umgang mit Corona und investierte gegen die Medienkrise.

Wichtige Sofortmaßnahme

Das war – und ist – eine wichtige Sofortmaßnahme. Wie auch die öffentlich geförderte Kurzarbeit in der Medienbranche dazu dienen möge, die Lage vieler Unternehmen zu stabilisieren (und bei der Gelegenheit vielleicht auch gleich ein paar schon bisher zähe Belastungen loszuwerden).

Kurzarbeit in Zeiten höchster Nachfrage ist eine wirtschaftlich nötige und doch zugleich paradoxe Maßnahme in der Branche. Der Journalismus bräuchte im Gegenteil ein Langarbeitsmodell, eine finanzielle Basis für möglichst ausführliche, möglichst gründliche Recherchen, auch möglichst unangenehme und unbeeinflusste Recherchen. Das fördern etwa Regierungsmehrheiten nur eher ungern, wie sich auch gerade aus den 29 Millionen Sonderförderung für Medien in Corona-Zeiten ableiten lässt, mit den höchsten Förderungen für kommerzielle Privatsender, für Krone, Heute und Österreich. Also sind Sie, sind wir alle jetzt am Zug. (Harald Fidler, 14.4.2020)