Auf der Lerchenfelder Straße steht keine Hängeweide, keine Zypresse und kein Obstbaum. Man hört selten Vögel zwitschern und niemals Wasser plätschern. Blumen blühen, wenn überhaupt, auf eingezäunten Erdflecken.

Auf der Lerchenfelder Straße gibt es ein paar Laubbäume, aus dem fünften Stock ähneln ihre Kronen verschrumpelten Brokkoliröschen. Von hier oben hat man einen unschlagbaren Blick auf das Treiben. Die zweispurige Straße teilen sich Autos, Lkws, Straßenbahnen, Fahrräder, Roller, Skateboards und Motorräder. Fußgänger flanieren hier nicht einfach gemütlich – hier eilt man, besorgt oder transportiert etwas. Man hastet von A nach B, führt schnell den Hund aus oder schiebt einen Kinderwagen vor sich her. Macht kurz eine Rauchpause, läuft sich zufällig über den Weg. Kurz vor Ladenschluss kauft man noch Lebensmittel oder holt bestellte Speisen ab. Man joggt entweder morgens oder abends, hört über Kopfhörer Musik oder telefoniert laut.

Sie ist keine Flaniermeile, die Lerchenfelder Straße, hier wird nicht geschlendert, sondern besorgt und transportiert.
Foto: Rustler

Apropos laut: Auf der Lerchenfelder Straße ist es niemals leise. Hier hört man Sirenen, Rufe, Musik, schreiende Babys, Pfiffe, Müllautos, Lieferanten, Freisprechanlagen, zerbrechende Glasflaschen, Hundebellen, Baustellenlärm. Und es riecht immer nach irgendetwas. Meistens nach fettigem Essen und Zigarettenrauch, manchmal nach Hundekot.

Ein wellenartiges Rauschen

Abends wird es dann ruhiger auf der Lerchenfelder Straße. Dann holpern nur noch ein paar Autos über die unebenen Straßenstellen, die Menschen haben sich nach Hause zurückgezogen. Durch die Fenster leuchten kleine Lampen oder das blaue Flackern der Fernsehgeräte. Menschen mit müden Gesichtern sitzen noch an Schreibtischen, manchmal klingt leise Musik nach außen. Man raucht am offenen Fenster, Beobachter beobachten einander. Teils grüßt man sich, teils nicht. Ab und zu sitzen Menschen auf den Parkbänken zwischen den Brokkolis, trinken Bier und zeigen sich Videos auf ihren Telefonen.

Wenn es wirklich spät geworden ist auf der Lerchenfelder Straße, die Letzten nach Hause sind und der Verkehr am nahe gelegenen Wiener Gürtel abebbt, dann hört man fast nichts mehr – nur ein wellenartiges Rauschen. Man kann es kaum glauben. (Katharina Rustler, 14.4.2020)