In gewöhnlichen Zeiten wäre es eine der wichtigsten Meldungen in den Wirtschaftsteilen der US-Zeitungen geworden. So war es aber nicht viel mehr als eine Randnotiz vom Wochenende. Der Disney-Konzern hat angekündigt, 43.000 Mitarbeiter in seinem Resort in Orlando in Zwangsurlaub zu schicken – für unbestimmte Zeit. Die Animateure, Hotelangestellten, Reinigungskräfte und Techniker werden damit de facto arbeitslos. Der Konzern zahlt nur die Krankenversicherung für die Ex-Bediensteten weiter.

Die Jobvernichtung in den USA schreitet aktuell auch abseits der Freizeitparks, die wegen Corona gesperrt sind, rasant voran. 16 Millionen US-Amerikaner haben in den vergangenen drei Wochen ihren Job verloren. Bei etwas mehr als 161 Millionen offiziell unselbstständig Beschäftigten entspricht das rund zehn Prozent aller Arbeitskräfte im Land.

Optimistischer Trump

US-Präsident Donald Trump gibt sich noch zuversichtlich: Erst vergangene Woche sprach er davon, dass sich die US-Wirtschaft schnell erholen werde. Auch manche Ökonomen hoffen noch auf eine V-förmige Entwicklung. Gemeint ist damit, dass nach dem rasanten Absturz der Konjunktur als Folge des Shutdowns die Erholung ebenso rasch erfolgt. Immerhin ist mit dem Virus ein externes Ereignis für den Crash verantwortlich. Die Fabriken, Geschäfte, Restaurants und die gesamte Infrastruktur sind noch da, ebenso die Arbeitskräfte.

Doch immer mehr deutet darauf hin, dass die USA erst am Beginn eines längeren Wirtschaftseinbruchs stehen. Da die Vereinigten Staaten nach wie vor der mit Abstand wichtigste Motor der Weltwirtschaft sind, verheißt diese Entwicklung für die globale Konjunktur wenig Gutes.

Die Zahl der Arbeitslosen in den USA steigt. 16 Millionen Amerikaner haben in den vergangenen Wochen ihren Job verloren.
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Aktuell gilt in 40 der 50 US-Bundesstaaten ein Lockdown oder "stay-at-home order", wie das in Übersee heißt. Mehr als 300 Millionen Menschen sind davon betroffen. Ein großer Teil des Wirtschaftslebens steht damit in den Vereinigten Staaten ebenso still wie in Europa. Was sind die langfristigen Auswirkungen?

Zur Beantwortung dieser Frage haben in den vergangenen Tagen vor allem die zwölf regionalen Notenbanken, die das Rückgrat des US-Zentralbankensystems bilden, ernüchternde Analysen publiziert. So prognostizierten Ökonomen der Fed in St. Louis einen Anstieg bei der Zahl der Arbeitslosen um 47 Millionen Menschen in den kommenden Wochen. Die Arbeitslosenquote wäre damit bei über 30 Prozent. Als Basis für die Berechnung haben die Experten der Bank analysiert, wie viele Personen in den am stärksten betroffenen Branchen arbeiten.

Kurzarbeit unbekannt

In den USA hat die Kurzarbeit keine Tradition, weshalb dort im Gegensatz zu Österreich der Staat nicht einmal einen Teil der Arbeitslosigkeit abfangen kann. Der Chef der Minneapolis Federal Reserve, Neel Kashkari, hält eine rasche Erholung, den V-förmigen Verlauf, inzwischen für ausgeschlossen.

In einem CNBC-Interview am Wochenende erklärte er, dass die wirtschaftliche Aktivität so lange gedämpft bleiben werde, bis es eine Impfung oder ein wirksames Medikament gegen das neuartige Coronavirus gibt. Mangels medizinischer Lösung müssten in den kommenden Monaten Teile der US-Wirtschaft immer wieder heruntergefahren werden. Darunter werde die Investitionsbereitschaft der Unternehmen leiden.

Wegen der hohen Arbeitslosigkeit werde der Konsum schwächeln. Das National Bureau of Economic Research, ein Thinktank, erwartet einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von über zehn Prozent im vierten Quartal im Vergleich zum Vorjahr.

Die zweite Welle

Das wird an Europa nicht spurlos vorbeigehen. Wirtschaftsforscher in Österreich fürchten, dass die Schockwirkungen aus Übersee in der heimischen Konjunktur eine weitere Delle schlagen werden. In den bisherigen Prognosen der Forschungsinstitute Wifo und IHS war das nicht berücksichtigt.

Die USA sind aktuell der zweitwichtigste Exportmarkt für österreichische Unternehmen hinter Deutschland. Waren im Wert von 10,6 Milliarden Euro verkauften heimische Firmen im vergangenen Jahr. Die Exportpalette ist breit und reicht von der Ausrüstung für US-Ölfelder über Motorräder (KTM) und Energydrinks (Red Bull) bis hin zu Waffen (Glock) und Maschinen.

Dieser Kanal wäre noch verschmerzbar. Österreich exportiert gleich viel nach Tschechien und Ungarn wie in die Vereinigten Staaten. Der größte Teil des Handels, fast 70 Prozent, findet innereuropäisch statt. Doch die Verluste drohen sich zu summieren. Auch für Deutschland sind die USA der wichtigste Ausfuhrmarkt, vor allem für die Automobilindustrie, der viele österreichische Firmen zuarbeiten. (András Szigetvari, 14.4.2020)