Weil die Zahlen stimmen, will die Bundesregierung an ihrem Fahrplan vorerst festhalten und schrittweise die Wirtschaft wieder ankurbeln. Allerdings könne jederzeit die Notbremse gezogen werden.

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Die "positive Nachricht" wollte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gleich zu Beginn seiner Pressekonferenz am Dienstag loswerden: "Wir sind auf Kurs." Die Zahlen der Infektionen mit dem Coronavirus seien gut, "die Neuinfektionen und Hospitalisierungen gehen in die richtige Richtung". Darum müsse nach Ostern nicht "die Notbremse" gezogen werden, sagte Kurz.

Doch: "Die Ausgangsbeschränkungen gelten weiterhin. Dort, wo es möglich ist, sollte auch weiter von zu Hause aus gearbeitet werden." Jedenfalls bis Ende April darf man daher nur aus den vier bekannten Gründen das Haus verlassen: um anderen zu helfen, am zur Arbeit zu gelangen, um einzukaufen und zum Spazierengehen. Bis dahin werde man evaluieren, ob es zu einer Adaptierung oder einer Verlängerung kommt. Wie eine Anpassung der Beschränkungen aussehen könnte, wollte Kurz am Dienstag nicht vorwegnehmen. Er stellte lediglich "gewisse Lockerungen und Erleichterungen" in den Raum, allerdings keinesfalls vor Ende April – bis dahin gelten die Ausgangsbeschränkungen "in der derzeitigen Form". Wie es im Mai weitergeht, werde "zeitgerecht" geklärt.

Erster Schritt in Richtung Öffnung

Am Dienstag konnten die ersten kleinen Geschäfte sowie Bau- und Gartenmärkte wieder Kunden empfangen – allerdings unter bestimmten Hygienemaßnahmen: mit einer limitierten Anzahl an Kunden, die ins Geschäft dürfen, und nur maskiert darf fortan geshoppt werden. "Es ist eine neue Form der Normalität. Aber zumindest ein erster Schritt in Richtung Öffnung, der möglich geworden ist." Das Credo in puncto Wiederaufnahme des öffentlichen Lebens sei: "So viel Freiheit wie möglich, so viel Einschränkung wie nötig." Allerdings, so mahnte Kurz: "Sollten sich die Zahlen in die falsche Richtung entwickeln, dann ziehen wir die Notbremse, die wir vorgesehen haben."

Wann dieser Zeitpunkt erreicht würde, also wann Maßnahmen im Notfall wieder verschärft werden könnten, wollte der Kanzler nicht beantworten: "Viele würden sich eine Zahl wünschen, an der man das festmacht. Aber wir müssen auf viele Indikatoren schauen." Das Wichtigste sei dabei die intensivmedizinische Versorgung, deren Überlastung man unter allen Umständen verhindern wolle.

Folge des konsequenten Weges

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte, dass man früher als in anderen Ländern mit Lockerungsmaßnahmen beginnen könne, "weil wir so konsequent waren". Dies sei der erfreulichen Kurvenentwicklung zu verdanken. Kogler wies aber wie Kurz auf die "eingebaute Notbremse" hin. "Wir werden sehr genau darauf achten, dass die Zahlen nicht weiter steigen, um die Kapazitäten nicht zu überlasten." Es gelte, laufend zu evaluieren und gegebenenfalls die Strategie zu adaptieren. Vorsicht sei geboten, weil die Durchseuchungsrate so gering sei.

Am Mittwoch, kündigte Kogler an, werden Lockerungen im Bereich der Sportstätten bekanntgegeben. Am Freitag sollen diese für den Kunst- und Kulturbereich folgen. Das Ziel im allgemeinen Veranstaltungsbereich sei, dass niemand mit Kosten und Schäden alleingelassen wird. Durch den Fahrplan wolle man "die entsprechenden Rahmenbedingungen stellen, damit es auch Planungssicherheit gibt", sagte Kogler. Er wies neuerlich darauf hin, dass Outdoor- vor Indoor-Sportarten wieder möglich werden sollen und Einzelsportarten vor Mannschaftssport.

Dank an Bevölkerung

Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bedankte sich bei der Bevölkerung, die verantwortlich dafür sei, dass man hierzulande "die Zuwachsraten dramatisch verringern" konnte. Er bezeichnete dies als "durchaus großen Erfolg". Auch die Zahl der Testungen konnte gesteigert werden, da sei man auch international mittlerweile unter den führenden Ländern. Die zweite Etappe werde aber noch deutlich schwieriger, glaubt Anschober. Jetzt gehe es ums Steuern: Langsam werde das Leben wieder geöffnet, aber gleichzeitig müsse eine Ausbreitung verhindert werden. "Verantwortung" sei das Gebot der Stunde. Maskenpflicht und Abstandhalten seien wichtig.

Anschober zeigte sich optimistisch, sofern sein Appell, verantwortungsvoll zu bleiben, umgesetzt werde. Die tägliche Zuwachsrate liege bei 0,8 Prozent, es brauche momentan 39 Tage für eine Verdoppelung der Zahlen. Die Zahl der Neugenesenen sei seit 4. April höher als die der Neuerkrankten. Diese Zahlen würden Österreichs Kurs bestätigen. Um die Folgen der schrittweisen Öffnung kontrollieren zu können, sind Zielgruppentests für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Handel und Schwerpunkttests für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsbereich geplant.

2.000 Anzeigen am Wochenende

Laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gab es am Osterwochenende 2.000 Anzeigen. Insgesamt hätten sich die Leute aber vorbildlich verhalten, besser noch als am Wochenende davor. Er erinnerte erneut an die Maskenpflicht und bat darum, die Baumärkte nicht gleich am ersten Tag leerzukaufen. Die Ausgangsbeschränkungen seien weiter in Kraft, und "der berühmte Meter" sei auf jeden Fall einzuhalten. Die Polizei sei, so schloss Nehammer, der Partner der Bürgerinnen und Bürger.

Auf die Kritik von Juristen, nicht alle Maßnahmen der Bundesregierung seien verfassungskonform, reagiert Kurz gelassen: "Die Überprüfung, ob Maßnahmen verfassungskonform sind, wird geschehen, wenn die meisten nicht mehr in Kraft sind", schließlich seien Schließungen und Ausgangsbeschränkungen ja nur auf eine gewisse Dauer angesetzt: "Ob das alles auf Punkt und Beistrich in Ordnung war, wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden."

Dass Schulen und Kindergärten erst später öffnen werden, habe damit zu tun, dass es darum gehe, so viele Jobs wie möglich zu erhalten. "Daher die Priorität auf die Öffnung der Geschäfte", sagte Kurz. Er hoffe, dass es möglich sein wird, "zu einem späteren Zeitpunkt" die Schulen wieder zu öffnen. Gerade bei Kindern sei aber das Abstandhalten und Tragen von Masken nicht so einfach wie bei Erwachsenen. "Distance Learnig" werde jedenfalls bis Mitte Mai fortgesetzt. Ende April soll eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob die Schulen Mitte Mai wieder öffnen können. (honz, ook, 14.4.2020)