Der gezielte Einsatz von Lichtwellen zur Informationsbeschaffung ist ein machtvolles Instrument in den Sensortechnologien.

Foto: RECENDT GmbH

Das menschliche Auge ist nichts anderes als ein Sensor, der die Wellenlängen des eintreffenden Lichts vermisst und die resultierenden Daten ans Gehirn schickt, wo sie als Farben interpretiert werden. Oberflächen, die kurze, mittlere oder lange Wellen reflektieren, erscheinen dann blau, grün oder rot.

Die Informationen, die man mithilfe von Licht und elektromagnetischer Strahlung jeglicher Wellenlänge, Intensität und Anwendungsart gewinnen kann, spielt in vielen Sensortechnologien eine große Rolle. Das Feld geht weit über die naheliegenden Kameraanwendungen hinaus.

Im Rahmen des Projekts PSSP (Photonic Sensing for Smarter Processes), das von der Förderagentur FFG mit Mitteln des Wirtschafts- und des Technologieministeriums sowie von den Ländern Oberösterreich und Steiermark unterstützt wird, sollen die Sensortechnologien, die mit Licht arbeiten, für innovative Anwendungen in der Industrie weiterentwickelt werden.

Bei Qualitätssicherung und Produktionsoptimierung ist es wichtig, möglichst schnell und gezielt Informationen über Materialien, Werkstoffe oder Produkte im Herstellungsprozess zu sammeln. Benötigt werden also passende Methoden einer zerstörungsfreien Prüfung.

Spektroskopie

Auf diese ist das Forschungsinstitut Recendt in Linz spezialisiert, das mit der FH Oberösterreich, dem Software Competence Center Hagenberg (SCCH), der JKU Linz und Wirtschaftspartnern im Projekt an einem ganzen Portfolio verschiedener lichtbasierter Sensortechnologien arbeitet. Insgesamt besteht das Konsortium aus 16 Organisationen. Konsortialführer Recendt ist Mitglied der Lichttechnologieplattform Photonics Austria.

Ein wichtiges Werkzeug in der photonischen Toolbox ist die Spektroskopie. Die Technologie – jahrzehntelang musste man für ihre Anwendungen Proben in Labore schicken – greift zunehmend im Industrieumfeld Platz, wo hohe Messgeschwindigkeiten das Um und Auf sind.

"Einer unserer Hauptschwerpunkte ist die Infrarotspektroskopie", erklärt Robert Holzer, Projektleiter bei Recendt. Nachdem Infrarotstrahlung mit einer bestimmten Verteilung von Wellenlängen etwa durch eine Flüssigkeit geschickt wurde, fehlt Energie in verschiedenen Wellenbereichen, weil sie durch das Schwingungsverhalten der Moleküle absorbiert wurde.

"Nach der entsprechenden Verarbeitung der Messdaten kann etwa daraus geschlossen werden, dass in einer Flüssigkeit 17 Prozent Zitronensäure enthalten ist", erklärt Holzer. "Heute geht es darum, Spektroskopie-Sonden in industriellen Prozessen zu platzieren und mehrere chemische Parameter in Echtzeit zu messen."

Materialschwingungen

Daneben gibt es aber noch viele weitere, weniger bekannte lichtbasierte Methoden. Beispielsweise wird die Ultraschalluntersuchung dann zu einer photonischen Technik, wenn die Schallwelle, die das Material durchdringt, von einem Laser generiert wird. Ein Probenmaterial – egal ob Halbleiterstrukturen im Nanobereich oder metergroße Aluminiumelemente – wird dabei mit kurzen, energiereichen Laserimpulsen beschossen.

"Die punktuelle thermische Ausdehnung, die entsteht, ähnelt vom Effekt her dem Aufprall eines kleinen Hammers", sagt Holzer. Ein zweiter Laser vermisst die resultierenden Materialschwingungen. Die Daten lassen etwa auf elastische Eigenschaften des Materials schließen. Holzer: "Man könnte mit der Methode etwa während einer Wärmebehandlung verfolgen, was im Inneren des Werkstücks passiert."

Das Kameraprinzip lassen die Forscher ebenso nicht ganz außen vor, auch wenn es in ungewohnter Weise angewandt wird: "Ein Teilprojekt widmet sich der Frage, wie man aus wenigen Rohdaten durch kluge Anwendung physikalischer Grundprinzipien dennoch eine hohe Informationsgüte herausholen kann", schildert Holzer.

Ein-Pixel-Kamera

Im Industrieumfeld könne oft nichthochauflösende Bildtechnik verwendet werden. Doch auch mit der denkbar einfachsten Kamera – eine, die nur aus einem Pixel besteht und Grautöne erkennt – könne, die entsprechende Datenverarbeitung vorausgesetzt, viel relevante Information gewonnen werden.

"Mit dem einen Bildpunkt kann ich eine extrem gute spektrale Auflösung erreichen", betont Holzer. Es werden dabei also viele Wellenlängen gleichzeitig registriert, um daraus relevante Bildinformationen zu errechnen.

In dem Projekt finden sich noch weitere Methoden, darunter alte Bekannte wie die Computertomografie, die die Röntgentechnik zur Erstellung von 3D-Aufnahmen nutzt, und die ebenfalls für die Industrie adaptiert wird.

Die Anwendungsbereiche des photonischen Werkzeugkastens sind vielfältig: Im Konsortium sind Stahlhersteller und Bierbrauer vertreten, Textilhersteller und Kunststoffproduzenten. Sie eint, dass sie mit den Technologien schneller mehr über ihre Produkte herausfinden wollen. (Alois Pumhösel, 19.4.2020)