Der neue Opec+-Deal zeigt den Ernst der Lage an: Auf die Absprachen des arabischen Kartells mit anderen Ölproduzenten, speziell Russland, über den größten Einschnitt in der Geschichte der Ölförderung reagierten die Börsianer mit einem gleichgültigen Achselzucken. Das Bekanntwerden der Abmachung trieb den Ölpreis jedenfalls nicht nach oben. Im Gegenteil, bereits am Montag geriet er erneut unter Druck.

Nun lässt sich einwenden, dass ja schon im Vorfeld Spekulationen über die Förderquoten den Ölpreis um ein Drittel angehoben haben. Einzig: Bei Preisen von um die 30 Dollar pro Barrel lässt sich nur schwer vom "schwarzen Gold" sprechen. Es ist auf keinen Fall der Preis, den sich die Ölproduzenten erwünscht und erhofft haben.

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Durch die Corona-Krise sind 20 Millionen Barrel pro Tag weniger gefragt.
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Das größte Problem für sie aber ist: Es ist keineswegs ausgemacht, dass der Preis sich selbst in dieser bescheidenen Region hält. Der Opec+-Deal diente zwar womöglich als Defibrillator, mit dem der Patient Ölmarkt kurzzeitig wiederbelebt wurde. Doch der bleibt auf der Intensivstation. Angesichts des Nachfragemangels sehen viele Experten die Ausschläge wieder nach unten gehen. Durch die Corona-Krise sind 20 Millionen Barrel pro Tag weniger gefragt. Selbst wenn nun zehn Millionen Barrel weniger produziert werden, übersteigt das Angebot die Nachfrage. Derzeit fahren weder Autos noch Industriemaschinen – dafür fahren die Öltanker ziellos auf den Weltmeeren umher mit einer Ware, die keine Abnehmer findet.

Natürlich wird irgendwann die Produktion wieder anspringen und auch der Verkehr wieder zunehmen. Die Menschen träumen nach Wochen und Monaten der Quarantäne vom nächsten Verwandtenbesuch, Ausflug oder der nächsten Reise. Doch ein schnelles Ende ist noch nicht abzusehen. Bis dahin haben die Ölkonzerne schon enorme Verluste gemacht und Bohrlöcher versiegelt, die dann zeitaufwendig und teuer wieder erschlossen werden müssten.

Viele Anlagen werden wohl nicht mehr reanimiert. Denn die Pandemie hat das Problem der Öl-Überproduktion nicht geschaffen, sondern nur verschärft. Zur Erinnerung: Schon vor dem Shutdown musste sich das Opec+-Gebilde auf Förderkürzungen verständigen, um den Ölpreis stabil zu halten. Weltweit sind erneuerbare Energien auf dem Vormarsch. Der Trend zum Wasserstoffauto oder Elektro-Car wurde mit Macht eingeleitet. Corona hat die Zukunft rohstofflastiger Volkswirtschaften wie Russland oder Saudi-Arabien schlaglichtartig erhellt. Sie müssen sich nun schneller als gedacht umorientieren, wollen sie die Krise meistern. (André Ballin, 14.4.2020)