Nach 14 Jahren, in denen die Branche der 24-Stunden-Betreuung zwar legal, aber unsichtbar und voller Missstände heranwuchs, findet sie nun wieder Beachtung. Zahlreiche Probleme treten zutage: etwa der Versorgungsnotstand, der ausbricht, wenn Grenzen zwischen West- und Osteuropa nicht mehr ungehindert passiert werden können. Oder die Abhängigkeit, in der Betreuerinnen stecken – plakativ veranschaulicht, indem den paar Dutzenden, die man ins Land holen konnte, direkt nach der Landung die Pässe abgenommen wurden. Ob das überhaupt rechtens war, muss erst geklärt werden.

Das gesamte Modell der 24-Stunden-Betreuung sollte überdacht werden.
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Dass die Betreuerinnen in ihrer Zeit in Quarantäne nicht bezahlt wurden, ist jedenfalls rechtens. Immerhin haben sie als offiziell Selbstständige keinen Anspruch auf ein Entgelt, wenn sie nicht arbeiten, auch dann nicht, wenn sie dafür in aufsehenerregenden Aktionen eingeflogen wurden. Die Vermittlungsagenturen sehen keinen Grund, ihnen in dieser Zeit Geld zu überweisen; immerhin zahlt auch keine pflegebedürftige Person, während sie nicht betreut wird. Im Gegenteil: Sie nehmen den Frauen eine hohe Provision dafür, dass sie arbeiten dürfen – so wie es seit Jahren Usus ist, so wie es das Gesetz erlaubt.

Österreich hat jahrzehntelang von diesen Frauen profitiert. Das Land hat sie ausgenutzt, den Rahmen für Ausbeutung geschaffen und ihnen dann die Familienbeihilfe gekürzt. Immerhin konnte man sich damit rechtfertigen, dass sie vom heimischen Lohnniveau profitieren.

Dass nun, wo dieser Job wichtiger wird denn je, auch die dunklen Flecken der Branche wieder Beachtung finden, ist gut. Denn spätestens jetzt sind politisch Verantwortliche und Interessenvertreter im Zugzwang: Sie müssen das gesamte Modell der 24-Stunden-Betreuung neu denken, anstatt weiterhin darauf zu vertrauen, dass die Armut im Osten die Betreuung im Westen sicherstellen wird. (Gabriele Scherndl, 15.4.2020)