Bleib zu Hause – das wird auch in Rumänien von den Bürgerinnen und Bürgern gefordert.
Foto: EPA/ROBERT GHEMENT

Die Facebook-Gruppe "Frauen in Quarantäne" tauscht Rezepte für Eiertoast mit Brombeeren und Schlagobers aus. Auf anderen Seiten, die Rumänen im Covid-19-Modus thematisieren, werden tanzende Krankenhausmitarbeiter in Craiova gezeigt – ansonsten dominiert in sozialen Medien und Rumänien viel Witz und mindestens ebenso viel Existenzangst. Das osteuropäische Land hat zusätzlich zur Aufgabe, die Infektionsrate zu senken, auch noch die mühsame Verpflichtung, die Rückkehrer unter Kontrolle zu bringen. Insgesamt sind seit dem Ausbruch der Pandemie bis zum Osterfest 250.000 Rumänen heimgefahren. Allein 1,2 Millionen Rumänen leben eigentlich in Italien.

Die Behörden erwarten, dass nun weitere 200.000 Rumänen aus dem Ausland nach Ostern zurückkehren. Sie empfehlen diesen Bürgern dringend, in den Ländern zu bleiben, in denen sie sich derzeit befinden, da dies dies das Beste für Rumänien sei.

Tatsächlich haben die Reisetätigkeiten im März in ganz Europa die Covid-19-Krise noch verschärft, weil das Virus weitergeschleppt wurde. In Rumänien gilt, dass jene Leute, die aus sehr stark Covid-19-verseuchten roten Zonen – etwa aus Italien – kommen, 14 Tage in Quarantäne müssen; Leute, die aus weniger durchseuchten Gebieten kommen, können in Selbstisolation.

Warteschlangen an den Grenzen

Mitte März stauten sich zunächst an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn und dann an der Grenze zwischen Ungarn und Rumänien bei Nagylak/Nadlac die Autos der Rückkehrer. Für alle ost- und südosteuropäischen Staaten, aus denen Gastarbeiter in West- und Mitteleuropa stammen, stellten die Rückkehrer ein besonderes Risiko dar. Nicht immer konnte sichergestellt werden, dass sie auch die Quarantäne einhalten. Manche Heimkehrer wehrten sich nämlich strikt dagegen und verharrten an der rumänischen Grenze, weil sie in ihre Heimatdörfer wollten.

Deshalb ging die rumänische Regierung dazu über, ihre Bürger per Flugzeug zu holen und dann zwei Wochen lang in Hotels an der Schwarzmeerküste unterzubringen. Viele dieser Menschen hatten zuvor schon in Italien prekäre Arbeitsverhältnisse, viele arbeiteten schwarz, hatten keine Krankenversicherung und waren unter den Ersten, die ihre Jobs verloren. Zurzeit befinden sich noch über 500 Rumänen in solchen Hotels an der Schwarzmeerküste.

Soziale Medien verunglimpfen Rückkehrer

Sicher ist, dass unter den ersten Coronavirus-Fällen in Rumänien Italien-Rückkehrer waren. Mittlerweile wurden diese Menschen in sozialen Medien aber zu Sündenböcken gemacht. Der Hass, der ihnen entgegengeschleudert wird, hat die meisten dazu bewogen, sich nicht mehr öffentlich zu äußern. "Sie möchten nicht in den Medien erscheinen, da eine Infektion mit diesem Virus ihren Ruf für lange Zeit beeinträchtigen kann", erklärt der Journalist Dorian Hapurnea aus Constanza, der mit vielen Rückkehrern gesprochen hat.

Viele Menschen würden wegen der Aussagen in den sozialen Medien zudem glauben, dass es sich bei den Rückkehrern um Kriminelle handle, erklärt er. "In Wirklichkeit sind das gute, ehrliche und hart arbeitende Menschen, die in einigen Berghotels in Italien gearbeitet hatten und ihre Arbeit verloren, weil die Hotels geschlossen wurden", so Hapurnea zum STANDARD. Den Leuten in den Quarantänehotels falle es vor allem schwer, so lange alleine zu sein. "Sie fanden es auch seltsam, dass die Menschen, die mit ihnen in Kontakt kamen, wie Kosmonauten gekleidet waren", erzählt er über die Begegnung mit Beamten der Gesundheitsverwaltung.

62 Euro pro Tag und Person

Die rumänische Regierung zahlt den Quarantänehotels jedenfalls 300 Lei (62 Euro) pro Tag und Person. Auffällig sei, dass das Hotel Flora, in dem viele Rückkehrer untergebracht werden, Radu Mazare, dem ehemaligen Bürgermeister von Constanza, gehört, der wegen Korruption zu neun Jahren Haft verurteilt wurde. Auch der ebenfalls wegen Korruption zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilte Nicușor Constantinescu, Präsident des Bezirksrats des Bezirks Constanza, verdient mit. Ausgewählt hat das Hotel die höchste Gesundheitsbeamtin vor Ort, Cristina Schipor. Sie sagte, dass das Hotel als erstes ein Angebot gelegt habe.

Insgesamt sind in Constanza fünf Flugzeuge mit 705 Rückkehrern gelandet. Ursprünglich sei sogar geplant gewesen, dass 1.500 Personen an der Schwarzmeerküste untergebracht werden, meint Hapurnea. Aber nach den Medienberichten wurde beschlossen, dass die Leute in ihren Heimatstädten die Quarantäne verbringen können.

Ausnahmezustand bis zum 15. Mai

Rumänien ist eines jener Länder, die einen Ausnahmezustand verhängt haben. Präsident Klaus Iohannis hat diesen bereits bis zum 15. Mai verlängert. Durch den Ausnahmezustand ist es möglich, die Preise für wichtige Medikamente, medizinische Geräte, Lebensmittel, elektrische und thermische Energie, Gas, Wasser oder Kraftstoff zu begrenzen. Auch die Lokalwahlen im Juni wurden mittlerweile verschoben – sie sollen spätestens im Dezember stattfinden.

Rumänien hat übrigens jenen Brief der westlichen EU-Staaten, die ihre Sorge über die antidemokratischen Massnahmen des ungarischen Premiers Viktor Orbán ausdrückten, unterschrieben – im Gegensatz zu Österreich. In Rumänien wurden auch zahlreiche wirtschaftliche Maßnahmen beschlossen – etwa die Stundung von Kreditzahlungen, um die Krise abzufedern. Alle Mitarbeiter von Krankenhäusern bekommen zudem eine Einmalzahlung von 500 Euro. (Adelheid Wölfl, 15.4.2020)