Kanzler Kurz erntet harsche Kritik für seine Aussagen zur Verfassungskonformität der Corna-Gesetze.

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Wien – Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte in der "ZiB2" am Dienstagabend an, dass eine Expertengruppe zur Verfassungskonformität der Corna-Gesetze bereits am Dienstag in seinem Ministerium getagt habe. Diese solle allfällige Unschärfen in Gesetzen, Verordnungen und Erlässen beraten, die man dann auch "selbstverständlich" bereinigen würde.

Anschober in der ZiB2.
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Zu dieser Gruppe, die am Donnerstag wieder zusammentreten soll, gehört der ehemalige Verwaltungsgerichtshof-Präsident und Interims-Justizminister Clemens Jabloner. Dazu wurden Verfassungsexperten und Chefjuristen aus den Ministerien nominiert, berichtete Anschober.

Kritik an Kanzler Kurz

Die Opposition hat zuvor scharfe Kritik an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen dessen Äußerungen zur Verfassungskonformität der Covid-Gesetze geübt. Kurz hatte am Dienstag klar gemacht, dass er keine Reparatur der eilig beschlossenen Gesetze und Verordnungen, die möglicherweise nicht verfassungskonform sind, plant, weil diese ohnehin nicht auf Dauer gelten sollen.

Bis eine Überprüfung durch die Höchstgerichte stattgefunden habe, "werden sie nicht mehr in Kraft sein", so Kurz. Dass einige Gesetzestexte teils mangelhaft seien, habe auch damit zu tun, dass "wir schnell gehandelt haben". Und immerhin habe es "gut funktioniert". "Ich bitte um etwas Nachsicht, dass es eine Ausnahmesituation ist", so der Kanzler.

"Schlampiger Umgang"

Bei SPÖ, FPÖ und Neos, aber auch bei zahlreichen Verfassungsrechtlern stießen die Aussagen des Kanzlers auf Unmut. Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried fand es "beunruhigend, wenn ein Chef einer Regierung sich so wenig um Rechtsstaatlichkeit und Rechtskonformität kümmert und einen so schlampigen Umgang pflegt". Gerade in Zeiten der Krise und der besonderen Herausforderungen müsse der Rechtsstaat gewahrt bleiben, so Leichtfried, der bereits in der Vergangenheit vor "unverhältnismäßigen und überschießenden Eingriffen in Grund- und Freiheitsrechte" gewarnt hat. "Mit der Verfassung, der Grund- und Freiheitsrechten muss jeder von uns und ganz besonders ein Regierungschef sorgsam umgehen."

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Unwürdig

Irritiert zeigte sich auch Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. "Diese Aussagen sind eines Bundeskanzlers nicht würdig, niemand darf sich außerhalb der Gesetze bewegen. Gerade in Krisenzeiten, ist es besonders wichtig genau darauf zu achten. Das nennt man Herrschaft des Rechts." Die Neos hätten viele Schritte der Regierung nicht nur befürwortet, sondern auch entsprechend gesetzlich mit auf den Weg gebracht. "Das heißt aber ganz sicher nicht, dass die Regierung damit einen Blanko-Scheck in der Hand hält für rechtswidriges Vorgehen." Die Neos erinnerten den Bundeskanzler "an seine Verantwortung, den Rechtsstaat gerade in diesen Zeiten hochzuhalten und an seine Verantwortung gegenüber dem Gesetz und dem Parlament", so Meinl-Reisinger.

Schockiert zeigte sich auch Neos-Abgeordneter Helmut Brandstetter.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl warf Kurz "einen flapsigen Umgangston in Zusammenhang mit dem Rechtsstaat, der einer Demokratie unwürdig ist" vor. Auch Politologe Peter Filzmaier kritisierte in der Sonder-ZiB die Haltung des Kanzlers.

Weil die Regierung mit Verordnungen statt Bescheiden agiere, ist eine Berufung deutlich aufwendiger und langwieriger, erklärte Markus Thoma vom Dachverband der Verwaltungsgerichte gegenüber Ö1. Ebenfalls im Ö1-Mittagsjournal wies Manfred Matzka, ehemaliger Leiter der Präsidialsektion im Bundeskanzleramt, daraufhin, dass die Verfassung auch in Krisen- und Kriegszeiten gelte. (APA, red, 14.4.2020)