Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) mit Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig.

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Man könnte ihn fast schon für ein Mitglied der Bundesregierung halten, wäre da nicht die rote Rettungsjacke: Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, ist eines der Gesichter der Corona-Krise. Regelmäßig nimmt er an Pressekonferenzen der Regierung teil. Auch Michael Opriesnig, der Generalsekretär des Roten Kreuzes, stand schon im Rampenlicht. Die massive Präsenz der Rettungsorganisation ist keine Überraschung: Das Rote Kreuz teilt die reaktivierten Zivildiener zu, betreut die "Stopp Corona"-App und ist Gestalter der großen Regierungskampagne "Schau auf dich, schau auf mich". Aber wo sind eigentlich Samariterbund und Co?

Fakt ist, dass das Rote Kreuz die mit Abstand größte und am breitesten aufgestellte Hilfsorganisation der Republik ist, die sogar ein eigenes Gesetz vorweisen kann. Eine Sonderrolle des Roten Kreuzes ergebe sich allein aus der Geschichte der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung weltweit, so ein Sprecher: "Bei allen großen Krisen und Katastrophen der vergangenen Jahre hat das Rote Kreuz an der Bewältigung mitgearbeitet. Das ist seine Rolle als humanitäre Hilfsorganisation. Dass es jetzt in Krisenzeiten viel leistet und auch eine entsprechende Präsenz hat, ergibt sich aus dieser Rolle."

Fakt ist ebenso, dass Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer einst ÖVP-Politiker und Landesrat sowie Abgeordneter in der Steiermark war. Raiffeisen-Manager Walter Rothensteiner, Beschuldigter in der Casinos-Affäre (es gilt die Unschuldsvermutung), ist einer seiner Vizepräsidenten. ÖVP-Klubobmann August Wöginger verbrachte ebenso wie seine Stellvertreterin Gaby Schwarz beruflich Jahre beim Roten Kreuz.

Das "rote" Pendant dazu ist der Arbeiter-Samariter-Bund, dessen Präsident der niederösterreichische SPÖ-Chef Franz Schnabl ist. "Natürlich würden wir uns eine stärkere Einbindung wünschen, wir leisten Ähnliches, unsere Expertise ist gleich", sagt Schnabl zum STANDARD. Dass nur das Rote Kreuz so prominent bei der Coronavirus-Bekämpfung vorkomme, sei "eine Verzerrung der Vielfalt bei Hilfsorganisationen".

Aufregung um Kampagne

Wirbel gab es in sozialen Medien am Mittwoch, weil das Rote Kreuz mit dem Campaigning Bureau von Philipp Maderthaner denselben Kampagnenberater wie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) beschäftigt. "Das Campaigning Bureau arbeitet seit 2014 für das Rote Kreuz – zu einem guten Anteil übrigens pro bono. Daran hat sich nichts geändert", so ein Sprecher der Agentur. Die Kampagne wurde inhaltlich von Jung von Matt entwickelt, als "Mastermind" gilt laut Ö1-"Mittagsjournal" der einstige Grünen-Werber Martin Radjaby, der von seinem jetzigen Arbeitgeber, der Erste Bank, dafür freigestellt wurde. Das Rote Kreuz habe sie der Bundesregierung gezeigt, die daraufhin eine Unterstützung angekündigt habe, schrieb Foitik auf Twitter. Daraufhin habe man der Regierung die Nutzungsrechte überlassen. "Für Konzeption, Kreation und die Produktion von Spots, Sujets und Onlinematerial sind bislang Kosten von rund 440.000 Euro entstanden. Finanziert wurde das durch dafür vorgesehene Großspenden", so das Rote Kreuz.

Ein Nebeneffekt: Nur das Rote Kreuz ist präsent. Aus Regierungskreisen ist zu hören, dass das Rote Kreuz nicht nur aufgrund seiner Größe ein enger Partner sei, sondern auch aufgrund seiner Rolle bei Beschaffungsvorgängen. Den Vorwurf der Parteipolitik gab es gegen das Rote Kreuz schon öfter, etwa im Zuge der Volksbefragung zur Wehrpflicht, wo die Organisation – wie die ÖVP – für ein Ja warb. Kritik gab es auch an der Corona-App der Hilfsorganisation. Die Datenschützer der Arge Daten halten diese für "nicht praxistauglich", da die technischen Möglichkeiten zur Distanzmessung "unzureichend" seien. (Fabian Schmid, 15.4.2020)