Die Mitarbeiter von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sind sich bei den Verstorbenenzahlen nicht einig.

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Wien – Seit Dienstag hat Österreich zwei abweichende offizielle Zahlen an Covid-19-Todesfällen. Bisher aktualisierte das Bundesministerium für Soziales und Gesundheit (BMSGPK) die Zahl der Verstorbenen immer vormittags auf einer Corona-Informationsseite unter sozialministerium.at. Gespeist wird die Tabelle allerdings mit Zahlen des Innenministeriums (BMI). Am Mittwoch stand dort der Zähler mit dem Zeitstempel 9.30 Uhr bei 393 Todesfällen.

Eine am Vorabend ausgerollte Version des "Amtlichen Dashboards" unter info.gesundheitsministerium.at, das das Sozialministerium mit eigenen Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS) befüllt, zeigt nun ebenfalls eine offizielle Zahl an Verstorbenen – zum selben Zeitpunkt waren es dort jedoch 338 Todesfälle und somit um 55 Fälle weniger.

Laut Mitteilung des Sozialministeriums ist "keine der beiden Zahlen falsch". Die Differenz soll zum einen darauf zurückgehen, dass das Innenministerium die Daten aus morgendlichen Videokonferenzen mit den Sanitätsdirektionen erhält und früher in die eigene Datenbank einpflegen kann. Zum anderen soll die niedrigere Zahl des BMSGPK nur jene Personen umfassen, die tatsächlich an den direkten Folgen von Covid-19 verstorben sind; die höhere Zahl des BMI hingegen schließe auch Personen ein, die an einer anderen Ursache verstorben sind und positiv getestet wurden, also mit und nicht an dem Virus starben.

Zeitreihenvergleich passt nicht

Ein Zeitreihenvergleich zeigt allerdings, dass die Zahl des Innenministeriums, die nach der obigen Erläuterung immer höher sein müsste als jene des Sozialministeriums, im März um bis zu 29 Fälle geringer ausfiel.

Zudem sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) noch am Freitag, dass die Unterscheidung zwischen mit und an kaum möglich sei. Es liege am Amtsarzt, ob er einen Fall mit einem Hakerl zu einem Covid-19-Fall macht, und daran halte sich das Ministerium stur. Eine finale Erklärung konnten die Behörden am Mittwoch nicht nennen.

Mangelhafte Datenverfügbarkeit

In den sieben Wochen seit Bekanntwerden des ersten Covid-19-Falles in Österreich wurden Daten mehrfach mangelhaft oder widersprüchlich in unterschiedlichen Formaten, zu unterschiedlichen Zeitpunkten und nicht maschinenlesbar bereitgestellt, sodass Medien und der interessierten Öffentlichkeit oft keine stabile Analyse und grafische Aufbereitung möglich war.

So wurde etwa die Zahl der Wiedergenesenen kurzzeitig gänzlich aus dem Datenstream gestrichen, und die Einmeldung von Tests erhöhte sich Anfang April mit einem Schlag um mehr als 36.000 auf 91.000 Proben, die zuvor laut Gesundheitsministerium von kleinen Labors bei negativen Ergebnissen nicht sofort nach Erledigung weitergegeben wurden.

Österreich auf gutem Weg

Soweit die verfügbaren Zahlen eine Interpretation zulassen, befindet sich Österreich auf einem guten Weg. Der Zuwachs an bestätigten täglichen Neuinfektionen ist auf 1,3 Prozent gesunken. Das bedeutet, dass sich die Erkranktenzahl theoretisch nur mehr alle 54 Tage verdoppelt. Zu Beginn des Ausbruchs lagen die Zuwächse noch zwischen 30 und 40 Prozent und die Verdoppelung bei zwei bis drei Tagen.

Die Auslastung der Intensivbetten ist seit Anfang April, als die Bundesregierung wegen zu hoch angesetzter Prognosen noch vor einem bevorstehenden Kollaps des Gesundheitssystems warnte, von 25 auf 20 Prozent gesunken (von 930 für Covid-19-Patienten verfügbar gemachten Betten waren am Mittwoch 232 belegt). Bei den Normalbetten sank die Auslastung von fünf auf vier Prozent (769 von 18.393 Betten). Bei den Tests liegt Österreich mit 156.801 Durchführungen im internationalen Spitzenfeld. (Michael Matzenberger, 15.4.2020)