Ein junger Mann wird im vergangenen Mai von Polizisten mit dem Kopf unter einem Polizeibus fixiert. Als der Bus anfährt, wird er erst im letzten Moment weggerissen. Amnesty International fordert eine unabhängige Ermittlungsstelle bei Polizeigewalt.

Foto: Lukas Beck

Wien/London – Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Österreich wegen Verschärfungen in der Asylpolitik kritisiert und erneut eine unabhängige Ermittlungsstelle zur Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen durch die Polizei gefordert. Amnesty dokumentiert in dem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht zu Europa und Zentralasien Polizeigewalt in zahlreichen Ländern – darunter in Österreich.

Genannt wird der Polizeieinsatz bei der Klimademo im Mai des vergangenen Jahres. Dabei habe die Polizei "exzessive Gewalt gegen mehrere Klimaaktivisten eingesetzt", kritisiert Amnesty und fordert eine umfassende interne Evaluierung des Polizeieinsatzes. Außerdem gebe es weiterhin Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen über Fälle von ethnischen und religiösen Diskriminierungen durch die Polizei, heißt es in dem Bericht.

Kritik an staatlicher Rechtsberatung

Im Bereich der Asylpolitik kritisiert die Menschenrechtsorganisation Einschränkungen der Rechte von Asylsuchenden. Erwähnt werden etwa die Übertragung der Asylwerberrechtsberatung an die dem Innenministerium unterstellte Bundesbetreuungsagentur (BBU). "Diese Änderung verursachte ernsthafte Bedenken in Bezug auf die Fairness des Asylverfahrens", heißt es in dem Bericht. Kritisiert wird außerdem die Kürzung der Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte und dass mehr als 200 Afghanen in den ersten neun Monaten des Jahres 2019 nach Afghanistan abgeschoben wurden. Damit seien sie dem Risiko von Folter und Misshandlung ausgesetzt worden, so Amnesty.

Polizeigewalt dokumentierte Amnesty auch in zahlreichen anderen Ländern. In Frankreich und Spanien wurden demnach hunderte Protestierende durch den Einsatz von Polizeigewalt verletzt. In der Türkei, wo Versammlungen oft pauschal verboten wurden, löste die Polizei friedliche Versammlungen gewaltsam auf. In Moskau und anderen russischen Städten wurden Demonstranten strafrechtlich verurteilt, nur weil sie gegen die Nichtzulassung von Oppositionskandidaten zu den Kommunalwahlen demonstrierten, so Anmesty.

Neun Forderungen in der Corona-Krise

Auch in Zeiten des Coronavirus analysiert Amnesty International laufend Gesetze und Verordnungen. Basierend auf dieser Analyse hat sie nun neun Forderungen an Politik und Gesellschaft gerichtet.

Wichtig wäre es demnach beispielsweise, dass die Bevölkerung umfassend über ihre Rechte informiert wird und diese auch wie bisher einfordern kann. Außerdem sollte es mehr Dialog auf Augenhöhe geben, der auch Kritik und eine angemessene Fehlerkultur zulässt. Schließlich fordert Amnesty auch, dass nach den aktuellen Lockerungen der öffentliche Raum wieder für Versammlungen und Meinungsäußerung zugänglich wird – wenn auch mit Abstandsgebot und Mund-Nasen-Schutz.

In Bezug auf gesetze Maßnahmen müsse die Regierung täglich prüfen, dass Einschnitte in Menschenrechte so weit wie möglich reduziert werden und alle Entscheidungen transparent erklärt werden, heißt es in den Forderungen weiter. Sollte es in der Corona-Krise zu Machtmissbrauch kommen, müsse dieser Konsequenzen haben. "Keine Regierung darf die Krise nützen, um ihre Macht auszubauen oder zu missbrauchen", sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. (APA, 16.4.2020)