Während eines Stromausfalls rezitiert ein junger Mann in Sudans Hauptstadt Karthum Gedichte und wird dabei von anderen mit Handys angestrahlt: Das World Press Photo des Jahres 2020 kommt vom Japaner Yasuyoshi Chiba für die Agentur Agence France-Presse. Es reüssierte mit dem Titel "Straight Voice" auch in der Unterkategorie "Allgemeine Nachrichten".

Chibas Foto zeigt am 19. Juni 2019 sudanesische Demonstranten, die skandieren, dass sie mehr Mitbestimmung fordern, nachdem kurz zuvor der Diktator Omar al- Bashir gehen musste. Das Foto steht stellvertretend für den Umsturz im Sudan, der Omar al- Bashir von der Macht spülte. Er war von 1993 bis zu seiner Absetzung durch das Militär im April 2019 der Staatspräsident des afrikanischen Landes.

Foto: Yasuyoshi CHIBA / AFP

In der Kategorie "Story des Jahres" gewann der französische Fotograf Romain Laurendeau mit seinem Projekt "Kho, der Ursprung einer Revolte". Laurendeau fotografierte und dokumentierte die Unzufriedenheit der Jugend Algeriens mit ihren Lebensbedingungen, die sich in Massenprotesten gegen Langzeitpräsidenten Abdelaziz Bouteflika entlud. Das Wort "Kho" bedeutet "Bruder" und handelt von der Entstehung einer Revolte.

Laurendeau hat Algeriens Jugendliche jahrelang fotografisch begleitet. Dieses Bild wurde 2016 aufgenommen und zeigt Freunde beim Fernsehen in einer Wohnung.
Foto: Romain Laurendeau, France

Für den renommiertesten Fotowettbewerb der Welt wurden heuer über alle Kategorien hinweg insgesamt 74.000 Fotos von rund 4.300 Fotografen eingereicht. Eine internationale Jury kürt die Sieger und vergibt die Plätze eins bis drei. Donnerstagabend präsentierten die Veranstalter die Preisträger, Corona-virusbedingt nur online. In Wien wird die "World Press Photo"-Ausstellung mit allen Gewinnerbildern von 11. September bis 8. November 2020 in der Galerie WestLicht gezeigt.

In der Kategorie zeitgenössische Themen siegt bei "Einzelfotos" eine Aufnahme des russischen Fotografen Nikita Teryoshin mit dem Titel "Nothing Personal – the Back Office of War".

Das Foto zeigt einen Geschäftsmann, der am Ende eines Ausstellungstages auf der Internationalen Verteidigungsausstellung und -konferenz (IDEX) am 18. Februar in Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate, zwei Panzerabwehrgranatenwerfer wegsperrt.

Foto: Nikita Teryoshin

In der Kategorie "Geschichten" gewann Lorenzo Tugnoli für seine Serie "The Longest War" über die Taliban in Afghanistan.

Foto: Lorenzo Tugnoli, Italy, Contrasto, for The Washington Post

Bei "Umwelt – Einzelfotos" holte sich die Ungarin Esther Horvath mit einem Foto für die "New York Times" den Sieg. Die Aufnahme "Polar Bear and her Cub" zeigt zwei Eisbären, die sich der Ausrüstung von Wissenschaftern nähern. Das Schiff Polarstern war Teil einer wissenschaftlichen Expedition, die im Herbst 2019 die Folgen des arktischen Klimawandels im zentralen Arktischen Ozean untersuchte.

Foto: Esther Horvath, Hungary, for The New York Times

Bei "Umwelt – Geschichten" reüssierte der Italiener Luca Locatelli mit seiner Serie "The End of Trash – Circular Economy Solutions" über Umwelt und Wiederaufbereitung. Hier ist die Müllverbrennungsanlage Amager Bakke in der Nähe von Kopenhagen, Dänemark, zu sehen.

Foto: Luca Locatelli, Italy, for National Geographic

In der Kategorie "Nachrichten – Geschichten" wurde der Däne Nicolas Asfouri für seine Aufnahmen vom Protest in Hongkong prämiert, die er für die Agentur Agence France-Presse gemacht hatte.

Foto: Nicolas Asfouri, Denmark, Agence France-Presse

Bei "Natur – Einzelfotos" überzeugte der Belgier Alain Schroeder die Jury mit dem Foto von einer Leiche eines einmonatigen Orang-Utans. Er liegt auf dem OP-Abdecktuch eines Rettungsteams in der Nähe der Stadt Subulussalam auf Sumatra in Indonesien. Das Orang-Utan-Baby starb kurz nachdem sie am 10. März 2019 mit ihrer verletzten Mutter auf einer Palmölplantage gefunden worden war.

Schroder siegte auch bei "Geschichten" mit seiner Serie "Saving Orangutans" in Indonesien, die im "National Geographic" veröffentlicht wurde.

Foto: Alain Schroeder

In der Kategorie "Porträt – Einzelfoto" holte sich der Pole Tomek Kaczor den ersten Platz mit dem Foto eines 15-jährigen armenisches Mädchen, das sich in einem Flüchtlingsaufnahmezentrum in polnischen Podkowa Leśna befindet.

Foto: Tomek Kaczor, Poland, for Duży Format, Gazeta Wyborcza

Bei "Porträt – Geschichten" gewann der Australier Adam Ferguson für seine Fotoserie "The Haunted" über Opfer des IS-Terrors. Hier ist der elfjährige Rezan zu sehen, der 2014 vom IS entführt und Anfang 2019 freigelassen wurde.

Foto: Adam Ferguson, Australia, for The New York Times Magazine

Die Kategorie "Sport – Einzelfotos" konnte der Kanadier Mark Blinch mit einer Aufnahme aus dem NBA-Spiel zwischen den Toronto Raptors und den Philadelphia 76ers für sich entscheiden.

Foto: Mark Blinch, Canada, for NBAE

Bei "Sport – Geschichten" siegte der US-Amerikaner Wally Skalij für die "Los Angeles Times" mit seiner Serie "Rise from the Ashes".

Nach einem Feuer, das ihre Stadt verwüstete, kehrten Mitglieder der Paradise Bobcats aus der kleinen ländlichen Gemeinde Paradise, Kalifornien, USA, auf ihr Fußballfeld zurück, um das Team wiederzubeleben.

Foto: Wally Skalij, United States, Los Angeles Times

In der Nachrichtenkategorie "Spot News – Einzelfotos" gewann der Algerier Farouk Batiche mit einem Foto für die Deutsche Presse-Agentur. Es zeigt studentischen Anti-Regierungsprotest, der von der Polizei niedergeschlagen werden sollte.

Foto: Farouk Batiche, Algeria, Deutsche Presse-Agentur

Bei "Spot News – Geschichten" ging Mulugeta Ayene als Sieger hervor. Am 10. März 2019 verschwand der Ethiopian Airlines Flug ET302 nur wenige Minuten nach dem Start vom Flughafen Addis Abeba vom Radar und stürzte auf ein Feld – alle 157 Menschen an Bord wurden getötet. (omark, 16.4.2020)

Foto: Mulugeta Ayene, Ethiopia, Associated Press