Der große Durst im Biergarten geht den Brauereien ab. Die Schließung der Gastronomie führt zu massiven Ausfällen bei den Bierherstellern.

Foto: Imago

Die Brauereien kämpfen derzeit nicht nur mit dem Coronavirus, das die Umsätze in der Gastronomie angegriffen hat. Unter den Bierherstellern keimt ein alter Konflikt wieder auf, der es in sich hat: Kleine Private gegen den internationalen Großkonzern lautet das Match. Traditionsbrauer wie Hirter, Stiegl, Trumer, Schremser, Mohrenbräu und einige andere begehren gegen die Marktdominanz der Brau-Union auf. Sie gehört zum niederländischen Heineken-Konzern und baut ihre Marktstellung laufend aus. Im Vorjahr wurde die Übernahme der Mehrheit des Vorarlberger Unternehmens Fohrenburg paktiert.

Für die kleineren Anbieter bringt der Deal das Fass zum Überlaufen, selbst wenn der Kauf der Bludenzer Brauerei für sich genommen nicht die große Marktverschiebung bringt. "Es geht nicht um den Vorarlberger, sondern um den österreichischen Markt", sagt der Chef des Fohrenburg-Erzrivalen Mohrenbräu, Heinz Huber. Für ihn stellt sich die Frage, wo die Grenzen der Dominanz liegen. Bei 60, 70 oder 89 Prozent, fragt er sich.

Von Gösser bis Villacher

Die Brau-Union, zu der die Marken Gösser, Zipfer, Reininghaus, Puntigamer, Wieselburger, Schladminger und viele andere zählen, spiele ihre Dominanz aus, meint Huber. Das sieht auch Klaus Möller von der Brauerei Hirt so, zumal die Heineken-Gruppe nach der Übernahme der Brau-Union 2003 vor sechs Jahren auch noch die Vereinigten Kärntner Brauereien (unter anderen Villacher) erwarb. "Macht die Brau Union eine Preisschlacht, müssen alle mitziehen", meint Möller.

Gösser und Co macht die kleinen Brauer gar nicht froh.
Foto: HO

Der Preisdruck ist den kleinen Bierherstellern gerade in der schwierigen Corona-Zeit sauer aufgestoßen. Neben den Geschäftsausfällen waren sie auch noch mit Rabatten von 50 Prozent auf Wieselburger und andere Gerstensäfte des Platzhirschs konfrontiert. "Die Brau-Union nutzt die Corona-Krise für sich aus. Das ist schon unter der Gürtellinie", ärgert sich Mohrenbräu-Chef Huber. Sein Kollege Karl Trojan von der Brauerei Schrems pflichtet ihm bei. "Die Brau-Union macht den Kleinen das Leben schwer."

"Turbokapitalismus"

Der Markteintritt in den Lebensmittelhandel und in der Gastronomie werde durch die Dominanz erschwert, der Preisdruck schaffe zusätzliche Probleme. "Das ist Turbokapitalismus", beklagt Trojan. Acht kleinere Betriebe haben sich in einer Vereinigung namens Culturbrauer zusammengetan, in der Themen wie Regionalität und Nachhaltigkeit besprochen werden. Die Marktdominanz des Primus ist bei den Culturbrauern, für die Trojan spricht, natürlich auch ein zentrales Thema.

Kartellhüter schreiten ein

In der Causa Fohrenburg bleiben Hirter, Schremser und Co nicht ungehört. Die Bundeswettbewerbsbehörde und der Kartellanwalt haben "wettbewerbsrechtliche Bedenken in Hinblick auf mögliche Abschottungs- und Verdrängungsstrategien gegenüber konkurrierenden Brauereien und Getränkegroßhändlern" geäußert. Anstatt die Übernahme – Verkäufer eines Anteils ist der Fruchtsaftmacher Rauch – durchzuwinken, wurde das Kartellgericht befasst. Allerdings wurden die Fristen im Zusammenhang mit Corona gehemmt, eine Entscheidung könnte sich in den Herbst ziehen.

Die regionalen Hersteller sehen in dem Antrag dennoch ein Zeichen dafür, dass ihr Aufschrei gehört wird. Die Brau-Union betont hingegen, dass der Schritt nicht ungewöhnlich sei. Gehe der Deal durch, könne man die Auslastung wie den Personalstand in Bludenz erhöhen, weil der süddeutsche Raum stärker von Vorarlberg aus erschlossen werden soll.

Große Ausfälle

Dass der angeschlagenen Konkurrenz in der desaströsen Lage auch noch mit Rabattschlachten zugesetzt werde, weist die Sprecherin Gabriela Straka zurück. Für derartige Aktionen zeichne der Einzelhandel und nicht die Brau-Union verantwortlich.

Bis die Fohrenburg-Sache ausgestanden ist, versuchen die Brauer mit Kurzarbeit über die Runden zu kommen, auch Liquiditätshilfen sind ein Thema. Zuschüsse des Bundes für die Ausfälle würden freilich "nicht einmal die Fixkosten decken", meint Trumer-Chef Josef Sigl. Was die Branche langsam, aber sicher beschäftigt, ist das Ablaufen der unverkäuflichen Ware. Das ist vor allem bei Fässern ein Problem, die für die geschlossene Gastronomie befüllt wurden.

Der Absatz im Einzelhandel läuft hingegen nicht schlecht. Mohrenbräu-Geschäftsführer Huber: "Bei gutem Wetter wie zu Ostern trinken die Leute Bier." (Andreas Schnauder, 17.4.2020)